8. April – Tag der Roma, Rromano Ghies, Ziua Romilor, Day of the Roma

Rap auf Romani, Hip Hop Rromanes, Hip Hop în limba Romani, Rap in Romani language


Zum „Internationalen Tag der Roma“ gibt es heute ein, wie ich finde, sehr schönes Musikvideo mit prima Beats, in dem die Künstler auf Romani rappen:

Abdies, ko Rromano Ghies, siamen iekh but shukar videoclipo artistentza so sikhaavenamen hip hop Rromanes:

La „Ziua Internaţională a Romilor“ de astăzi avem un videoclip foarte fain în care artiştii ne prezintă hip hop în limba Romani:

At the „International Day of the Roma“ today here is a very nice musicvideo in which we see the artists rapping in Romani language:

http://www.youtube.com/watch?v=SMi4ThphviI

Wem das Video gefällt, der findet beim Youtube-Kanal von GipsySutka noch weitere Beiträge der Formation.

Kana khamen kado videoclipo, dashti arakhen li aver clipuria kadi formatziaqi po youtube channel le GypsySutka-sqi.

Cui îi place acest video va găsi alte clipuri de la această formaţie la canal youtube al lui GipsySutka.

Who liked this musicvideo will find other clips by this formation at the youtube-channel of GipsySutka.

Kaisers Kollegen 2

Realismus


Eine „Kaiser’s“-Filiale in Berlin. Der Mann vor mir an der Kasse möchte seine Sachen bezahlen, zuvor jedoch muss sein Vorgänger noch die zwei Kisten im Einkaufswagen anheben. „Einma‘ anheben bitte! Tut mir leid, aber wir werden ja alle kontrolliert.“ meint die Kassiererin. „Macht do nüscht!“, erwidert der Mann.

Mein Vorgänger pflichtet kritisch bei: „Naja, is schon rischtee, manche werdn wegen ’nem Pfandbon jekündicht. Is‘ doch neulich passiert, bei Lidl, war doch überall inne Medien.“ Darauf die Kassiererin: „Nich‘ bei Lidl, bei Kaisers war dit. Die wurde verdächtigt, dass se fremde Pfandbons einjelöst hat. Und dafür wurde se jekündicht. Weil Verdacht is ausreichend.“

Beide meinen den „Fall Emmely“. Wie auch immer man zu dieser Frau und dem Kündigungsgrund stehen mag, er repräsentiert für mich die Entfremdung zwischen Unternehmen und Angestellten. An dieser Frau wurde ein Exempel statuiert, das meiner Meinung nach für Einschüchterung am Arbeitsplatz sorgt. Momentan liegt der Fall wohl beim Bundesarbeitsgericht in Erfurt.

Mein Kassenschlangenvorgänger hat Hoffnung: „Also ick bin dafür, dass die Recht kricht“. Die Kassiererin richtet ihr Gesicht nicht auf und brubbelt leise: „Die krüscht keen Recht. Die krüscht keen Recht.“ Ob sie das geringschätzig oder resigniert meint, kann ich nicht erkennen. Fest steht: Sie hat aus der Pfandbon-Geschichte ihre Schlüsse gezogen. Ihre pragmatisch-realistische Einschätzung zeigt, wo sie sich selber sieht. In der Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts.


siehe auch:
Kaisers Kollegen (1)
sowie ein neues Interview mit Günter Wallraff: Aus der schönen neuen Welt (Radio F.R.E.I. Erfurt)

Wikileaks praktiziert Informationsfreiheit

Kampf gegen Zensur


Wikileaks veröffentlichte jetzt Videoaufnahmen von 2007, auf denen zu sehen ist, wie in Bagdad eine Gruppe Zivilisten und Journalisten – einschließlich heraneilender Helfer – von amerikanischen Soldaten aus einem Hubschrauber erschossen werden und anschließend ein amerikanischer Panzer über die Leichen rollt. Das Video ist aus der Sicht der US-Schützen gedreht und auf der Tonspur ist ihr Funkkontakt zu hören.

Auch die deutsche Presse thematisiert die Video-Premiere (FR-online.de, spiegel.de, sueddeutsche.de, Telepolis).

Wikileaks lebt den Grundsatz der Informationsfreiheit und betreibt nicht mehr und nicht weniger als investigativen Journalismus. Wikileaks liefert Informationen, die den Menschen zustehen und die ihre Regierungen geheimzuhalten versuchen.


siehe auch:
Im Freitag-Blog von „Cassandra“ findet sich seit gestern (5.4.10) eine ausführliche Dokumentation des Medienechos zu der Video-Veröffentlichung. Interessant, wie zögernd die „etablierten“ Medien das Thema aufnehmen bzw. aufnahmen.

Peter Sennhauser bringt es in einem guten Artikel auf den Punkt: Die Medien haben versagt.

„Deutschland, wohin zog es deine ***ner?“ – Teil 1

[Trigger-Warnung: Screenshot mit ausgeschriebener rassistischer Fremdbezeichnung von Rom_nija, Hinweise auf die rassistische Fremdbezeichnung von Rom_nija]

Die flotten 30er


Gestern titelte die online-Ausgabe der Mitteldeutschen Zeitung: «Schwarzer ***ner» bringt Glück.

Dieser lockere Titel mit Bezug zu deutschem Liedgut (für den Presserat vielleicht eine „musikhistorische“ Wendung) brachte mich auf die Idee, den Versuch einer kleinen Serie zu starten.

Unter dem Titel „Deutschland, wohin zog es deine ***ner?“ sollen kleine Exkurse in die deutsche Kulturgeschichte unternommen werden. Das liebevolle Motiv des exotischen „***ner“, das auch bei den Deutschen bis heute in kreativer Vielfalt lebendig bleibt, soll neben einige Fakten gestellt werden, die für die tatsächlichen Lebensumstände sogenannter „***ner“ standen oder stehen.

Die Spannweite einer Antwort auf die Frage „Deutschland, wohin zog es deine ***ner?“, die von „In das deutsche Volkslied“ bis zu „In die deutschen Gaskammern“ reicht, soll in der kleinen Serie ausgefüllt werden. Verdeutlicht werden soll damit auch, wie sich Bild und Wirklichkeit nicht nur widersprechen, sondern ausschließen können.

Den Anfang macht das Lied „Du Schwarzer ***ner“, an das die Mitteldeutsche Zeitung uns gestern mit Blick auf einen verliebten Tanz von 1946 erinnerte. Eine der heute bekanntesten Interpretationen ist wohl die von Vico Torriani, 1953.

http://www.youtube.com/watch?v=UAOu6rts79I


Dieser bei den Deutschen nach wie vor beliebte Schlager steht für eine Unterhaltungskontinuität, die ohne historischen Entstehungskontext und politische Ereignisse der Zeit auskommt. Größere Verbreitung in Deutschland hatte das Schunkelliedchen auf Schallplatte in den 30er Jahren erlangt.


Carl Lindström AG „Du schwarzer ***ner“ mit Luigi Bernauer, Wikipedia/ Mediatus (CC)


Zu diesem Lied von Karel Vacek (Original: „Cikánka“) stammt die deutsche Übersetzung von Fritz Löhner-Beda, einem Juden, der 1943 in Auschwitz ermordet wurde. Der Tod dieses und anderer Menschen war kein Zufall. 1933 war nämlich eine Partei von reichsweit 44% der Deutschen gewählt worden, in deren Parteiprogramm seit 1920 unter Punkt 4 stand:

„Volksgenosse kann nur sein, wer deutschen Blutes ist“.

Mit diesem Punkt wurde von der NSDAP die konsequente Ausgrenzung der Juden und die Fortführung der schon unter der Weimarer Verfassung praktizierten „***nerbekämpfung“ versprochen. 1935 wurde dann mit dem „Reichsbürgergesetz“ und dem „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ die juristische Grundlage zur praktischen Umsetzung des Wahlversprechens gelegt:


„Blutschutzgesetz“, de.wikipedia.org (gemeinfrei)


Damit war der Weg für die Juden und „***ner“ in Richtung Gaskammern geebnet. Die industrielle Vernichtung von Millionen Menschen konnte beginnen.

Diese Zusammenhänge sind Nebensache, wenn es um ein verliebtes Pärchen im Jahre 1946 geht. Da bringt der „Schwarze ***ner“ nämlich schon wieder Glück. Nachdem er selbst gerade ein bisschen Pech hatte.


Screenshot Mitteldeutsche Zeitung


„Deutschland, wohin zog es deine ***ner?“ – Teil 2

Antisemitismus in Wannsee, Wilmersdorf oder Wedding

Dreimal darfste raten!


„Die Jüdische Gemeinde hat sich besorgt über einen antisemitischen Angriff in Wedding geäußert“

Mit diesem Satz beginnt eine Meldung, die sich in identischer Formulierung und mit Quellenangabe „ddp“ u.a. bei berlinonline, yahoo, euronews oder Open-Report finden lässt. Zur originalen ddp-Meldung habe ich keinen Zugang, tippe aber mal, dass das die tatsächliche Quelle ist, da sich die Online-Meldungen Wort für Wort gleichen.

[update, s.u.:] Jedenfalls wurde die Jüdische Gemeinde Berlin, ob vom ddp oder den Medien, hier definitiv falsch zitiert. [update Ende, s.u.]

Das Problem: der Vorfall passierte nicht in Wedding. Stattdessen gab es am letzten Wochenende zwei antijüdisch motivierte, gewalttätige Vorfälle – einen in Wannsee und einen in Charlottenburg-Wilmersdorf. Problemlos bei der Berliner Polizei nachlesbar: Erstere Tat ereignete sich am 26.3. mittags auf dem Vorplatz des S-Bahnhofs Wannsee und letztere (derzeit nur als Screenshot einer Google-Suche verfügbar) in der Nacht zum 27.3. am Wilmersdorfer U-Bahnhof Güntzelstraße. Die Güntzelstraße wird übrigens in der ddp-Meldung auch genannt und damit als Wedding verkauft.

Auch die Rheinische Post verbannte einen antisemitischen Vorfall, allerdings nur per Kurzmeldung, nach Wedding – mit ddp-Kürzel.

Ursache für die Weddingisierung der Vorfälle ist scheinbar ein ddp-Polizeimeldungssalat (und die Faulheit der anderen Medien, selbst nachzulesen): Eine dritte Polizeimeldung über eine Gewalttat am Weddinger Leopoldplatz (27.3. um 17 Uhr, ohne Hinweise auf antijüdische Motive) wurde hier offenbar einfach mit den offen antijüdischen Vorfällen gemischt.

Wedding passt vielleicht besser ins Bild, wenn es um den Antisemitismus „südländisch aussehender“ Jugendlicher geht. In Wannsee und Wilmersdorf gibt es sowas nicht.

Immerhin der Tagesspiegel berichtete korrekt – hätten Rheinische Post und berlinonline (!) mal lieber da abgeschrieben, statt vom ddp.

update: (13.4.2010)
Ich habe bei der Jüdischen Gemeinde Berlin nachgefragt, die Pressemitteilung liegt mir nun vor. Das Wort Wedding taucht darin nicht auf und wurde vom ddp also falsch zitiert. Ich frage beim ddp nach.

update2: (16.4.2010)
In einem Telefonat versicherte mir eine ddp-Mitarbeiterin, bei ihren Recherchen sei sie zunächst auf den Bezirk Wedding (U-Bhf. Leopoldplatz) als Ausgangspunkt des Vorfalls gestoßen, der in der U-Bahn bis zur Station Güntzelstraße andauerte und dort in Gewalt eskalierte, wobei sie sich auf ein Telefonat mit der Berliner Polizei berief. Die Pressemitteilungen der Berliner Polizei (ohne die Erwähnung Weddings) wurden erst nach der ddp-Meldung veröffentlicht. Damit wäre das Thema erledigt.