Rassismus ist für Nellys Abenteuer kein Hindernis

Ende 2015 nahm ich zwei Aufträge für eine Berliner Filmproduktionsfirma an: Ich übersetzte und transkribierte Interviews mit rumänischen Schauspieler*innen, die für ein Making Of gedreht worden waren – das Making Of vom Kinderfilm „Nellys Abenteuer“.

Zu dem Zeitpunkt war der Film noch nicht fertig. Im Februar 2016 bot mir dann einer der beiden Produzenten einen Folgeauftrag an. Inzwischen gab es Filmbeschreibungen online. Ich antwortete vorsichtig:

Ich habe mal einige der öffentlich zugänglichen Beschreibungen zur Filmsynopsis gelesen. Daraus habe ich den Eindruck gewonnen, dass der Film „Nellys Abenteuer“ offenbar mit Klischees und Stereotypen arbeitet. Um mir ein genaueres Bild zu machen (wie oder ob überhaupt diese Darstellungsmittel im Film problematisiert bzw. gebrochen werden) würde ich den Film gern einmal sehen. Wäre das möglich? Ohne zu wissen, in welchem narrativen Kontext die Darstellung von „Kriminellen“ in einem „Roma-Dorf“ erfolgt, stehe ich für das Projekt leider nicht zur Verfügung.

Ich habe nie eine Antwort erhalten.

Nun ist „Nellys Abenteuer“ ein öffentliches Thema: Der Zentralrat der Sinti und Roma appelliert an die Fernsehsender SWR und KiKa, den Film aufgrund darin enthaltener rassistischer Klischees und Stereotype nicht zu senden. Der Programmdirektor vom SWR, Christoph Hauser, will den Film aber trotzdem senden, hat er gegenüber VICE gesagt.

Tja, weil er es kann. Diese Ignoranz der Extraklasse können sich nicht alle leisten, aber die Verantwortlichen für „Nellys Abenteuer“ offenbar schon. Sie sind nämlich weiße Deutsche und keine Roma. Darum wird dieser Film gesendet, trotz rassistischer Stereotype. Der Rassismus in dem Film ist aus Sicht weißer deutscher Filmverantwortlicher nämlich vernachlässigbar. Oder sogar unsichtbar. Ich kann mir vorstellen, ein großer Teil des deutschen Publikums wird Nelly begeistert bei ihren Abenteuern begleiten!

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Medienberichte zu diesem Thema:

“Nellys Abenteuer“ – ein zutiefst rassistischer Kinderfilm (Kira Ayyadi, Belltower News, 15.09.17)

Klauen und feiern (Sibel Schick, taz.de, 20.09.17)

Dieser rassistische Film läuft bald im Kinderkanal (Matern Boeselager, VICE, 20.09.17)

„Der Film zementiert antiziganistische Klischees“ (Sami Omar, MIGAZIN, 27.09.2017)

Zwischenraum-Festival: Berlin 12.-14.09.2014

[crosspost]

«Die Gedanken sind frei» Angst ist Alltag für Roma in EUropa
Ein Ausstellungsprojekt von Marika Schmiedt
Grafiken – Plakate die im Sinne der Confrontage agieren

Freitag, 12.09.2014, 19:00 Uhr
Ausstellungseröffnung mit Vortrag und Diskussion zur Diskriminierung von Roma in Europa,
mit Filiz Demirova und Georgel Caldararu. derparia.wordpress.com

Dieses Ausstellungsprojekt soll als Spiegel der verbreiteten aber durchschnittlich nicht wahrgenommenen Rassismen dienen und mit der Geschichte der Verfolgung der Roma in Verbindung gebracht werden. Obwohl die gegenwärtige Verfolgung von Roma eine soziale und politische Situation hervorruft, die an die Zeit des Nationalsozialismus erinnert, hat sich die Mehrheit zu schweigen entschlossen. Meine Arbeit versucht, das Schweigen zu durchbrechen und den Rassismus zu enthüllen und gleichzeitig der fortschreitenden Diskriminierung entgegenzuwirken.

MARIKA SCHMIEDT, 1966 in Traun/Oberösterreich geboren, Künstlerin und Aktivistin. Seit 1999 Recherchen (Zeitzeugen und Gegenwart) zur Verfolgung von Roma und Sinti; die Auseinandersetzung mit der Situation der Roma vor und nach 1945 bildet einen Schwerpunkt der künstlerischen Arbeit. marikaschmiedt.wordpress.com

zwischenraum-festival-2014.de/index.php/programm.html

Schluss mit der rassistischen Hetze gegen Roma! Das Recht auf Asyl duldet keine Unterschiede!

(Anm.: Gemeinsame Presseerklärung von über 20 Roma- und Flüchtlingsinitiativen betreffend jüngster Äußerungen deutscher Politiker*innen zum Thema Asyl, Mitzeichnende s.u. | za hrvatsko-srpsku verziju pogledajte dolje)

15. Oktober 2012 — In den vergangenen Tagen haben konservative Politiker, aber auch Mitglieder der SPD, wiederholt gefordert, die Visumpflicht für serbische und mazedonische StaatsbürgerInnen, die im Dezember 2009 gelockert wurde, wieder einzuführen. Sie möchten damit den „massiven Zustrom von serbischen und mazedonischen Staatsbürgern“ stoppen. Dabei geht es in erster Linie um Mitglieder der Romaminderheit, die seit Aufhebung der Visumpflicht für Kurzaufenthalte im Schengenraum vermehrt in der EU und anderen Schengener Vertragsstaaten Asyl beantragen.

Die Aufhebung der Visumpflicht für die Staaten des sogenannten westlichen Balkans steht am Ende eines langen Prozesses, bei dem die Staaten im Auftrag der EU tiefgreifende Reformen im Bereich der Gesetzgebung und anderen Bereichen (Dokumentensicherheit, Grenzkontrollen und Kontrolle der Wanderbewegungen, usw.) durchführen mussten. Nur im Bereich Menschenrechte blieben die Reformen weit hinter den Erwartungen zurück. Ende August stellte die EU-Kommission in ihrem dritten Bericht zur Visaliberalisierung erneut fest, dass die Roma in allen Balkanstaaten einer umfassenden Diskriminierung ausgesetzt sind, die sie an der Ausübung grundlegender Rechte wie beispielsweise dem Zugang zu Bildung und Ausbildung, Gesundheitsversorgung und Arbeitsmarkt hindert.

Nach Aussagen der serbischen Regierung leben circa 60 Prozent der geschätzten 450.000 Roma in Serbien in unsicheren und unhygienischen Lebensverhältnissen; 30 Prozent haben keinen Zugang zu Trinkwasser; 70 Prozent keinen Zugang zur Kanalisation. Serbische Studien belegen, dass Romakinder in Sonderschulen mit einem Anteil von mehr als 30 Prozent deutlich überrepräsentiert sind. Umfragen zufolge gelten sie als die meist diskriminierte Bevölkerungsgruppe in Serbien, eine Diskriminierung, die sich insbesondere im Zugang zum Arbeitsmarkt deutlich macht. Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) stellte in ihrem letzten Länderbericht zu Serbien fest, dass die Mehrheit aller Roma von Gelegenheitsjobs, wie beispielsweise dem Sammeln von Altmetall lebt, und dass kaum Roma in staatlichen Betrieben beschäftigt sind.

Auch in Mazedonien sind Roma einer allumfassenden Diskriminierung ausgesetzt. Ebenso wie in Serbien leben sie in Mazedonien oft in abgeschiedenen Siedlungen, wo sie keinen oder nur beschränkten Zugang zu grundlegenden Diensten haben. Romakinder sind in Sonderschulen und in Sonderklassen deutlich überrepräsentiert, was sowohl auf ungeeignete Einstufungstests, als auch auf eine falsche Orientierung der Eltern zurückgeht, wie das Budapester European Roma Rights Centre kürzlich in einer Studie feststellte. Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) stellte in einem 2010 veröffentlichten Bericht fest, dass 70 Prozent aller Roma in Mazedonien arbeitslos sind, womit ihre Arbeitslosigkeit deutlich über dem Landesdurchschnitt liegt. ECRI fand auch, dass Roma mit Vorurteilen im Gesundheitssystem konfrontiert sind, was ihren Zugang zu medizinischen Dienstleistungen beeinträchtigt.

Es ist demnach abfällig, wenn Asylanträge von Roma von vornherein als unbegründet bewertet werden. Laut Handbuch des UN-Flüchtlingswerks von 1951 zu den Prozeduren und Kriterien zur Festlegung des Flüchtlingsstatus, das im Dezember 2011, neu aufgelegt wurde, kann Diskriminierung durchaus als Fluchtgrund gewertet werden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie dazu führt, dass eine Person nur mehr begrenzt in der Lage ist, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Daneben stellt das UN-Flüchtlingswerk auch fest, dass rassistische Diskriminierung eine der deutlichsten Menschenrechtsverletzung darstellt und folglich bei der Festlegung des Flüchtlingsstatus berücksichtigt werden muss.

Auf Druck von Seiten der EU und ihrer Mitgliedstaaten, allen voran Deutschland, Schweden, Belgien und Luxemburg, haben Serbien und Mazedonien sowie die anderen Balkanstaaten, deren BürgerInnen kürzlich von der Visumpflicht für Kurzaufenthalte entbunden wurden, in den vergangenen zwei Jahren umfassende Maßnahmen getroffen, um den angeblichen Missbrauch der Visumfreiheit und des Rechts auf Asyl zu beenden. Dazu gehört eine Verschärfung der Grenzkontrollen, in deren Folge Tausende von Menschen, zumeist Roma, aufgrund von zum Teil fadenscheinigen Argumenten und willkürlichen Begründungen an der Ausreise gehindert wurden. Abgeschobenen AsylbewerberInnen droht bei der Rückkehr eine Strafe und der Verlust ihres Passes, womit sie an einer erneuten Ausreise gehindert werden sollen. Roma werden in den Medien und im politischen Diskurs unterschiedslos als „lažni azilanti“, als „ScheinasylantInnen“ bezeichnet und für die drohende Aufhebung der Visumfreiheit verantwortlich gemacht. Rassistische Ressentiments gegen Roma erleben einen erneuten Auftrieb. Die Gewaltbereitschaft gegen sie nimmt zu.

Parallel dazu erleben wir in westlichen Ländern eine selektive Aushebelung des Rechts auf Asyl. Schnellverfahren, wie sie jüngst vom bayrischen Innenminister Joachim Herrmann ins Spiel gebracht wurden, bieten oftmals nicht die Gewähr für eine rigorose Überprüfung des Einzelfalls, wie sie die Genfer Flüchtlingskonvention vorschreibt. Roma aus dem Balkan, die in der EU und der Schweiz Asyl beantragen, unterliegen ohnehin einem Generalverdacht, sogenannte WirtschaftsasylantInnen zu sein, der eine objektive Überprüfung ihres Antrags auf Asyl von vornherein unmöglich macht. Bereits heute werden Anträge von Roma aus Serbien und Mazedonien vielfach vorgezogen, mit dem erklärten Ziel, Roma durch eine zügige Bearbeitung ihres Asylantrags, die in der Regel in der Ablehnung mündet, davon abzuhalten, überhaupt nach Deutschland ein zu reisen und dort Asyl zu beantragen.

In weniger als zwei Wochen wird Bundeskanzlerin Merkel in Berlin das zentrale Mahnmal für die ermordeten Sinti und Roma zur Zeit des Nationalsozialismus einweihen. Die Verfolgung und Ermordung von mehr als einer halben Million Sinti und Roma durch Nazideutschland sollte eine Erinnerung und eine Mahnung sein, wohin Rassismus und Vorurteile führen können. In Serbien wurden mehrere Zehntausende Roma und Juden im Rahmen von sogenannten Vergeltungsaktionen von Wehrmachtsoldaten erschossen. Abertausende starben in den Konzentrationslagern Banjica und Sajmište (Belgrad) und Crveni Krst (Niš).

Es ist demnach völlig gedächtnislos und realitätsfremd, wenn deutsche Politiker heute Schnellverfahren für AsylbewerberInnen aus dem Balkan oder eine Wiedereinführung der Visumpflicht fordern, mit dem ausschließlichen Ziel, Roma an der Einreise nach Deutschland hindern. Sie geben serbischen und mazedonischen PolitikerInnen, die ohnehin keinen Hehl aus ihrer Abneigung gegenüber Roma machen und Roma in Randgebiete abdrängen, wo sie erst recht keine Möglichkeit zum Überleben haben, einen Blankoschein, Roma weiter zu diskriminieren und in der Ausübung ihrer Grundrechte einzuschränken.

Wir fordern ein Ende der rassistischen Hetze gegen Roma! Roma aus dem ehemaligen Jugoslawien dürfen nicht vom Recht auf Asyl ausgeschlossen werden. Sie haben ein Recht auf eine Einzelfallprüfung, innerhalb derer die rassistische Diskriminierung in ihren Heimatländern, in angemessener Weise zu berücksichtigen ist.

Wir fordern ein Ende einer restriktiven Ausländer- und Asylpolitik, die dazu geführt hat, dass tausende von Roma aus dem ehemaligen Jugoslawien, die oftmals Opfer von Krieg und Verfolgung waren, nie eine Möglichkeit hatten, ein dauerhaftes Bleiberecht zu erhalten. Personen, die in Deutschland geboren oder aufgewachsen sind, müssen ein Rückkehrrecht erhalten. Sie überhaupt als Fremde zu betrachten ist zynisch und eine Verkennung ihrer Rechte.

Chachipe a.s.b.l., Luxemburg

Förderverein Roma e.V., Frankfurt am Main

Rom e.V., Köln

Forschungsgesellschaft Flucht und Migration e.V., Berlin

Romane Aglonipe e.V., Hannover

Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung

Flüchtlingsrat Berlin e.V., Berlin

Bayerischer Flüchtlingsrat e.V., München

Redaktion des Hinterland-Magazins

Flüchtlingsrat NRW e.V., Essen

Grüne Alternative Freiburg

Roma Center Göttingen e.V., Göttingen

Hessischer Flüchtlingsrat, Frankfurt am Main

Antirassistische Initiative Rostock

Aktion Bleiberecht Freiburg

Bündnis gegen Abschiebungen (BgA) Mannheim

Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V., Hildesheim

Flüchtlingsrat Brandenburg
, Potsdam

Flüchtlingsrat Hamburg e.V., Hamburg

Bündnis „MünsteranerInnen für ein Bleiberecht der Roma“

Verein für politische Flüchtlinge, Münster

Pro Asyl e.V., Frankfurt am Main

Gemeinnützige Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender e.V. (GGUA Flüchtlingshilfe), Münster

Initiative Grenzenlos, Karlsruhe

Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V., Magdeburg

Roma Union Grenzland e.V., Aachen

Amaro Foro e.V., Berlin

Flüchtlingsrat Bremen

Zaustavite rasističke napade na Rome!
Pravo na azil ne toleriše razlike!

15. Oktobar 2012 — Prethodnih dana su konzervativni političari kao i članovi socijaldemokratske stranke u Nemačkoj više puta tražili da se ponovo uvede vizni režim za državljane Srbije i Makedonije koji je ukinut u decembru 2009. Tim potezom oni žele da zaustave „masivan priliv državljana Srbije i Makedonije“. Meta ove mere su prvenstveno pripadnici romske manjine, koji su u većem broju tražili azil od kada im nije potrebna viza za kratke boravke u šengenskom prostoru, u EU i ostalim državima koje su potpisale šengenski sporazum.

Ukidanje viza za zemlje tzv. Zapadnog Balkana stoji na kraju dugog procesa u kome države u cilju ulaska u EU sprovode dalekosežne reforme u oblasti zakonodavstva i drugih oblasti (sigurnost ličnih dokumenata, kontrola granica i kontrola migracije, itd.). Samo u području ljudskih prava su reforme ostale daleko ispod očekivanja. Na kraju avgusta je Evropska Komisija ponovno utvrdila u svom trećem obaveštenju o liberalizaciji viznog režima da su Romi u svim zemljama Balkana izloženi sveobuhvatnoj diskriminaciji u ostvarivanju temeljnih ljudskih prava, kao i da im je pristup obrazovanju i osposobljavanju, zdravstvu i tržištu rada sprečen.

Prema izjavima srpske vlade, oko 60 procenata od procenjenog broja od 450.000 Roma u Srbiji živi u nesigurnim i nehigijenskim uslovima, 30 posto nema pristup vodi, 70 posto nemaju pristup kanalizaciji. Istraživanja pokazuju da su romska deca više od 30 posto zastupljena u specijalnim školama. Prema anketi, oni se smatraju za najgore diskriminisanu zajednicu u Srbiji, a diskriminacija se posebno pokazuje u pristupu tržištu rada. Evropska komisija protiv rasizma i netolerancije (ECRI) navela je u svom najnovijem izveštaju o Srbiji da većina Roma živi od povremenih ili sezonskih poslova kao što je skupljanje starog gvožđa i da nema Roma koji su zaposleni u državnim preduzećima.

U Makedoniji takodje postoji sveobuhvatna diskriminacija Roma. Kao i u Srbiji, Romi u Makedoniji često žive u izolovanim zajednicama, gde nemaju ili imaju samo ograničen pristup osnovnim uslugama. Romska deca su zastupljena u specijalnim školama ili u posebnim razredima u redovnoj školi, što je rezultat neprimerenih testova, kao i pogrešne orijentacije njihovih roditelja, kao sto je Evropski centar za prava Roma u Budimpešti naveo u nedavnom istraživanju. Evropska komisija protiv rasizma i netolerancije (ECRI) navela je u izveštaju objavljenom 2010 da je 70 posto Roma u Makedoniji nezaposleno, t.j. da je njihova nezaposlenost daleko iznad državnog proseka. ECRI je takođe utvrdio da su Romi suočeni s predrasudama u zdravstvenom sistemu, što utiče na njihov pristup zdravstvenim uslugama.

Prema tome je pogrešno od početka procenjivati zahteve za azil od strane Roma kao neosnovane. Prema priručniku UN o izbeglicama (UNHCR) iz 1951. i postupcima i kriterijumima za određivanje statusa izbeglice, koji je ponovo objavljen u decembru 2011., diskriminacija se može smatrati razlogom za emigraciju. To je posebno slučaj kada osoba ima ograničenu sposobnost da zarađuje za život. UNHCR takođe je utvrdio da je rasna diskriminacija jedan od najčešćih oblika kršenja ljudskih prava i mora, dakle, biti uzeta u obzir pri utvrđivanju statusa izbeglica.

Pod pritiskom EU i njezinih članica, pod vodstvom Nemačke, Švedske, Belgije i Luksemburga, Srbija i Makedonija su, kao i druge balkanske zemlje čiji građani su mogli da putuju bez vize na kraće boravke, u protekle dve godine morale da uvedu opsežne mere za sprečavanje navodne zloupotrebe viznog izuzetka i prava na azil. To uključuje zatezanje granične kontrole, pa su hiljade ljudi, uglavnom Roma, sprečeni prilikom odlaska, iz nejasnih ili proizvoljnih razloga. Tražiteljima azila koji su vraćeni nazad prete kazne i gubitak putnih isprava, tako da su sprečeni da ponovo odu. Romi su u medijima i u političkom diskursu označeni kao lažni azilanti i okrivljeni za predstojeće ukidanje viznog izuzeća. Rasistička ogorčenost protiv Roma dobija novi zamah. Nasilje nad njima je u porastu.

Paralelno s tim, u zapadnim zemljama vidimo selektivno ukidanje prava na azil. Ubrzane procedure, kao što je nedavno potvrdio ministar unutrašnjih poslova Bavarske Joachim Herrmann, često ne nude garancije za rigorozan pregled individualnog slučaja kakav propisuje Ženevska konvencija. Za Rome sa Balkana, koji se za azil prijavljuju u EU i Švajcarskoj, odmah se sumnja da su ekonomske izbeglice pa je pregled njihovog zahtjeva za azil nemoguć od samog početka. Već sada se aplikacije Roma iz Srbije i Makedonije za azil tretiraju kao prioritetne, s deklarisanim ciljem da se Rome, brzom obradom njihovog zahteva za azil koji se po pravilu odbija, odvrati od putovanja u Nemačku i prijema.

Za manje od dve sedmice kancelarka Merkel će u Berlinu inaugurisati središnji spomenik Sintima i Romima ubijenim u vrijeme nacionalsocijalizma. Progon i ubistvo više od pola milona Sinta i Roma od strane nacističke Nemačke bi trebali biti podsetnik i upozorenje do čega mogu dovesti rasizam i predrasude. U Srbiji, nekoliko desetina hiljada Roma i Jevreja su bili ubijeni u okviru tzv odmazde od Wehrmachta. Više hiljada je umrlo u koncentracionim logorima Banjica i Sajmište u Beogradu i Crveni Krst u Nišu.

Bilo bi, dakle, potpuno amnezično i nerealno ako nemački političari sada traže brzi postupak za tražitelje azila iz Balkana ili ponovno uvođenje viznog zahteva s ciljem da se Romima spreči ulazak u Nemačku. Oni ohabruju srpske i makedonske političare koji svakako ne taje svoje antipatije prema Romima da ih sele u područja gdje nemaju način da prežive, i daje im dozvolju za diskriminišu Rome i da ih dalje ograničavaju u ostvarivanju osnovnih prava.

Tražimo kraj rasističkih napada protiv Roma! Romi iz bivše Jugoslavije ne smeju biti isključeni iz prava na azil. Oni imaju pravo na individualne procene koje treba da uzmu u obzir rasnu diskriminaciju u matičnim zemljama na odgovarajući način.

Tražimo kraj restriktivne politike imigracije i azila, koja je dovela do toga da više hiljada Roma iz bivše Jugoslavije, često žrtve rata i progona, nikada nisu imali priliku da dobiju stalan boravak. Ljudi koji su rođeni ili su odrasli u Nemačkoj treba da dobiju pravo na povratak. Tretirati ih kao strance je cinično i pokazuje nepoštovanje njihovih prava.

Chachipe a.s.b.l., Luksemburg

Förderverein Roma e.V., Frankfurt na Majnu

Rom e.V., Keln

Forschungsgesellschaft Flucht und Migration e.V., Berlin

Romane Aglonipe e.V., Hannover

Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung

Flüchtlingsrat Berlin e.V., Berlin

Bayerischer Flüchtlingsrat e.V., Minhen

Redaktion des Hinterland-Magazins

Flüchtlingsrat NRW e.V., Esen

Grüne Alternative Freiburg

Roma Center Göttingen e.V., Getingen

Hessischer Flüchtlingsrat, Frankfurt na Majnu

Antirassistische Initiative Rostock

Aktion Bleiberecht Freiburg

Bündnis gegen Abschiebungen (BgA) Manhajm

Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V., Hildeshajm

Flüchtlingsrat Brandenburg, Potsdam

Flüchtlingsrat Hamburg e.V., Hamburg

Bündnis „MünsteranerInnen für ein Bleiberecht der Roma“

Verein für politische Flüchtlinge, Minster

Pro Asyl e.V., Frankfurt na Majnu

Gemeinnützige Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender e.V. (GGUA Flüchtlingshilfe), Minster

Initiative Grenzenlos, Karlsruhe

Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V., Magdeburg

Roma Union Grenzland e.V., Ahen

Amaro Foro e.V., Berlin

Flüchtlingsrat Bremen

Spiegel TV macht wieder Stimmung

Im Mai 2012 erschien ein neuer Spiegel-TV-Beitrag zum Thema Migration in Berlin. Darin geht es um einen „lukrativen Trick mit der Gewerbeanmeldung“ (spiegel.de), durch den insbesondere Roma aus Bulgarien und Rumänien ins „Paradies Neukölln“ (spiegel.tv) gelangen würden. Die Botschaft ist eindeutig: Mit einem „Trick“ würden sich diese Menschen Zugang zu deutschen Sozialleistungen verschaffen. (Zufällig ist der Autor Hendrik Vöhringer derselbe wie von diesem Spiegel-TV-Beitrag 2011, meine Kritik dazu dort). Der neue Beitrag wird in der Beschreibung auf spiegel.de als „wertfreie Faktenanalyse“ angepriesen. Wesentliche Fakten habe ich mir darum mal genauer angesehen:

1: Der „Trick“

In der ersten Minute wird das Spiegel-TV-Publikum aus dem Off informiert:

„Viele Roma-Familien zieht es nach Berlin Neukölln. Eigentlich dürfen sie nach EU-Gesetzen nur drei Monate als Touristen hier sein, doch es gibt einen Trick: Wer ein Gewerbe anmeldet, darf unbefristet bleiben und hat Anspruch auf Sozialleistungen.“ [SpTV-Beitrag 0:47]

Die Formulierung ist missverständlich, denn es gibt keine Aufenthaltsgesetze, die sich speziell auf Roma beziehen. Außerdem ist es nicht verboten, sich spontan für eine legale Wohnsitznahme in einem EU-Land zu entschließen, denn EU-Staatsangehörige müssen sich nicht im Vorfeld festlegen, ob sie aus touristischen Gründen, zur Existenzgründung oder für ein Gaststudium ein EU-Land bereisen. Richtig ist: Für bulgarische und rumänische Staatsangehörige gelten bis 31.12.2013 aufgrund der vom deutschen Bundestag beschlossenen Einschränkung des Freizügigkeitsgesetzes hohe Hürden bei der Suche nach einem Arbeitsplatz in Deutschland. Nicht betroffen von dieser Einschränkung sind selbständige Berufe, das heißt die Anmeldung eines Gewerbes in Deutschland ist für Staatsangehörige Rumäniens und Bulgariens gesetzlich problemlos möglich. Darum führt die Ausländerbehörde Berlin auf ihrer Homepage aus, dass sich die Beschränkungen für bulgarische und rumänische Staatsangehörige auf eine „unselbstständige Erwerbstätigkeit (Beschäftigung)“ beziehen. Und auch die Stadt Hamburg informiert über die Rechte rumänischer und bulgarischer Staatsangehöriger verständlich:

„Die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit ist nur abhängig von den üblichen auch für Deutsche geltenden gewerbe- und steuerrechtlichen Vorschriften und einer eventuell erforderlichen Zulassung zur Berufsausübung (z.B. bei Ärzten).“

In der „wertfreien Faktenanalyse“ von Spiegel TV wird es als „Trick“ bezeichnet, wenn Menschen in Deutschland ihr Recht auf Gewerbeanmeldung (das in behördlichen Online-Portalen nachlesbar ist) nutzen und damit folgerichtig gesetzlichen Anspruch auf eine Sozialleistung wie Kindergeld erhalten.

2: Die Anzahl der Gewerbeanmeldungen

Aus dem 2. Neuköllner Roma-Statusbericht (2012) zitiert Spiegel TV, „dass 1377 bulgarische und 1034 rumänische Personen ein Gewerbe in Neukölln angemeldet haben“. Das ist der Status Quo von März 2012, aber sind diese Zahlen besonders hoch? In Berlin melden mehrere Tausend Menschen im Jahr ohne deutsche Staatsbürgerschaft Gewerbe an, so zumindest heißt es für 2009 in einer Informationsbroschüre vom BildungsWerk in Kreuzberg (2011):

„Insgesamt wurden im Jahr 2009 von ausländischen Mitbürgern über 9.394 Gewerbe neu errichtet, was einem Anteil von 33% an allen Berliner Firmengründungen entspricht.“ (BWK-Broschüre „Erfolgreich Gründen in Berlin“, S.6)

Damit sind insgesamt 2400 von bulgarischen und rumänischen Staatsangehörigen betriebene Gewerbe in einem bevölkerungsstarken Bezirk wie Neukölln eher kein Skandal. Und wenn laut der BWK-Broschüre die Zahl der Neugründungen durch Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft bereits seit den 80er Jahren stetig wächst, dann sind diese Zahlen sogar einfach Ausdruck einer über 40 Jahre alten Entwicklung. Nein, Moment:

„Inzwischen bilden sich in einigen Ecken Neuköllns wahre Gewerbe-Ghettos, in der ***Str. sind 61 Firmen angemeldet. In der ***Str. zu Spitzenzeiten sogar 91. Und allein in diesem Haus in der ***Str. gibt es 73 Gewerbe auf engstem Raum“ [SpTV-Beitrag 1:26]

„Ghettos“, aha. Für Berlin, die „Gründermetropole Nr.1 in Deutschland“ (Gründerindex 2012 der Bürgschaftsbank Berlin), sind unter 100 Gewerbe pro Straße völlig gängig, wenn nicht sogar wenig: Im Online-Auftritt der Berliner Gewerbedatenauskunft lassen sich angemeldete Gewerbe für alle Berliner Straßen anzeigen und, ob in Steglitz oder Prenzlauer Berg, Neukölln oder Marzahn, es gibt selten unter 100 und oft bis zu 500 angemeldete Gewerbe pro Straße.


Ein Stempel mit regisitrierter Gewerbe-Anzahl und Herkunft, Quelle: Spiegel TV

Erst die Kombination der Zahlen mit der bulgarischen und rumänischen Nationalflagge verdeutlicht ein zentrales Anliegen des Beitrags: Die Herkunft der gewerbemeldenden Menschen. Die Einblendung eines Stempels mit den Symbolen der Herkunftsländer zur Markierung der Berliner „Gewerbe-Ghettos“ treibt die „wertfreie Faktenanalyse“ voran.

3: Der deutsche Sozialstaat

Mehrmals geht es um den Anspruch auf Kindergeld:

„Die neuen Selbständigen sind meist im Abriss- und Baugewerbe tätig. Die Bezahlung ist schlecht – wie gut, dass es noch Kindergeld vom deutschen Staat gibt.“ [SpTV-Beitrag 1:45]

„Doch es gibt Trost. Die Familie hat inzwischen die Unterlagen für das Kindergeld zusammen. Der deutsche Sozialstaat hilft da gerne.“ [SpTV-Beitrag 8:22]

Mit Ironie wird der gesetzlich zugesicherte Anspruch von gewerbetreibenden Menschen auf Kindergeld kommentiert, als würde etwas damit nicht stimmen. In diesem Sinne hat auch der Immobilienmakler Lutz Thinius „inzwischen Zweifel am System“ (SpTV-Beitrag 5:47). Dieser Mann, der sich laut Spiegel TV „um zahlreiche Roma-Familien kümmert“ (ebd.), schätzt die Situation von Roma in Berlin so ein: „Die ham’s sehr leicht“ (SpTV-Beitrag 5:57). Nur warum muss er sich dann um sie „kümmern“? Mögliche Hinweise gibt ein stern.de-Artikel von Juni 2011 über die Immobilien-Geschäfte von Thinius. (Über Hintergründe von Berliner Immobilienaktivitäten im Zusammenhang mit Notlagen bulgarischer und rumänischer Staatsangehöriger berichtete vor wenigen Tagen auch das Magazin Frontal21.) Wie ein Teil der Berliner Immobilienbranche von der Situation der Roma profitiert, darüber sagt Spiegel TV nichts, aber über den Sozialstaat darf ein Immobilienmakler in die Kamera plaudern. Und das, wo inzwischen aktuelle Forschungsergebnisse über die Zusammenhänge von Sozialleistungen und Migration vorliegen, die das populistische Vorurteil einer kausalen Verbindung blass aussehen lassen.

Fazit

Die Inanspruchnahme von geltendem Recht zur Gewerbeanmeldung in Deutschland durch bulgarische und rumänische Staatsangehörige, unter ihnen Roma, bezeichnet Spiegel TV als „Trick“. Vergleichsweise gewöhnliche Berliner Gewerbe-Zahlen werden nach Herkunft sortiert und mit Nationalkolorit-Stempeln als „Gewerbe-Ghettos“ beweisartig präsentiert. Der rechtmäßige Zugang zu Sozialleistungen wie Kindergeld wird ironisch kommentiert und ein Immobilienmakler darf mit seinen Einschätzungen das Zerrbild vom „Paradies Neukölln“ flankieren. Das ist keine Informationsvermittlung, sondern einseitige Stimmungsmache gegen soziale Grundrechte. Denn Fakten, die dem rassistischen Narrativ der „Zuwanderung in den Sozialstaat“ widersprechen, werden in dem Spiegel-TV-Beitrag genau so ignoriert, wie die profitablen Geschäfte, die einige Berliner Immoblilienbüros auf Kosten von Roma aus Rumänien und Bulgarien treiben. Was Spiegel TV hier als „wertfreie Faktenanalyse“ anbietet, verdient eher das Label „astreiner Populismus“.

Antwort von Spiegel TV: „Ihre Kritik können wir in keiner Weise nachvollziehen“

Der zuständige Redakteur Hendrik Vöhringer von Spiegel TV hat sich auf meine letzte Bitte um Stellungnahme gemeldet. Soviel vorweg: Er geht leider nicht auf meine Punkte, sondern nur auf den Offenen Brief der FFM ein. Warum, weiß ich erstmal nicht. Ich hab meine Bitte um Stellungnahme nochmal erneut geschrieben (unten), zunächst hier aber die ganze Antwort von Herrn Vöhringer:

Sehr geehrter Herr Kraft,
vielen Dank erst mal für Ihr Interesse an der Sendung. Gleichzeitig bitte ich die Verzögerung bei der Beantwortung Ihres Schreibens zu entschuldigen. Gerne hole ich das hiermit nach.

Ihre Kritik an dem Beitrag können wir in keiner Weise nachvollziehen, Ihre Vorwürfe einer einseitigen Berichterstattung weisen wir entschieden zurück. Uns geht es um die Beschreibung von sozialen, politischen, wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Missständen. Die Herkunft oder Nationalität von Personen spielen für uns keine Rolle. Wir lassen uns von Rudolf Augstein leiten: „Sagen, was ist.“

Konkret zu dem Filmbeitrag: Finden Sie es nicht auch seltsam, wie übrigens auch das Neuköllner Gewerbeamt in Berlin, dass allein in der Harzerstrasse über 90 Gewerbeanmeldungen vorliegen? Wie Sie dem Beitrag entnehmen können, ist es uns sehr schwer gefallen, die angeblich selbstständigen Unternehmer ausfindig zu machen. Wenn jemand ein Gewerbe anmeldet, dann kann man doch davon ausgehen, dass er/sie auch Arbeit/Aufträge finden will. Wie soll das aber gehen, wenn keiner Werbung macht? Wenn teilweise die Meldeadressen nicht stimmen?

Weiter möchten wir darauf hinweisen, dass die Gewerbedatenbank in Berlin für die Öffentlichkeit frei zugänglich ist. Es handelt sich hier also keineswegs um geheime Daten. Hier der dazu passende Link: https://www.berlin.de/gewerbeauskunft/eauskunft/ega?op=su

Außerdem möchten wir Sie darauf hinweisen, dass in dem Beitrag die Begriffe „Illegale“, „Scheinselbstständige“ und „Sozialschmarotzer“ (wie von Ihnen behauptet) nicht vorkommen. Dass wir mit unserer Berichterstattung „Pogrome auf Roma“ begünstigen würden, glauben Sie doch selbst nicht. Gerne verweisen wir auch auf die Beurteilung des Deutschen Presserates auf eine Beschwerde vom 28.9.2011. Hier heißt es unter anderem: „Einen Verstoß gegen die Menschenwürde können wir nicht erkennen, da die dargestellten Personen nicht herabgewürdigt oder in irgendeiner Form verächtlich dargestellt werden.“ Weiter heißt es: „Diskriminierend ist der Beitrag nach unserer Auffassung ebenfalls nicht. Das Aufzeigen von Problemen gehört zu den ureigensten Aufgaben des Journalismus. (…) Unserer Auffassung nach wird an keiner Stelle in dem Video die Ethnie an sich diskriminierend dargestellt oder in den Vordergrund gerückt.“ (Quelle: Deutscher Presserat vom 13.1.2012)

Wir haben schon mehrere Beiträge über die Situation der Minderheiten in Rumänien erstellt. Über das Elend, über die Not in diesem Land. Und auch über die Diskriminierung. Im Anhang haben wir Ihnen weitere Beispiele
unserer journalistischen Arbeit angefügt.

Mit freundlichen Grüßen

Anhang:
http://www.spiegel.de/video/video-1146038.html
http://www.spiegel.de/video/video-1040327.html
http://www.spiegel.de/video/video-1080433.html

———————————-
Hendrik Vöhringer

SPIEGEL TV GmbH

Meine Antwort:

Sehr geehrter Herr Vöhringer,

danke für Ihre Antwort. Leider bezieht die sich auf den Offenen Brief der “Forschungsgesellschaft Flucht und Migration e.V.”, wie mir Ihre Zitate zeigen. Auf meine Kritikpunkte gehen Sie jedenfalls nicht ein, vielleicht verwechseln Sie die beiden Briefe. Um Ihnen das erneute Nachlesen zu ersparen, fasse ich meine drei Kernpunkte mit wiederholter Bitte um Ihre Stellungnahme zusammen und gehe bei der Gelegenheit auch auf Ihr Schreiben ein:

1.
Die Liste vom Gewerbeamt ist öffentlich, Gewerbe werden gewöhnlich beworben, da gebe ich Ihnen Recht. Sicherlich sind die Daten nicht geheim, aber angesichts der Stimmung und der Perspektive, die Sie in Ihrem Beitragstitel “Von Bukarest in den deutschen Sozialstaat: Klein-Rumänien in der Harzerstraße” bereits vorgeben, geschieht das ungeschwärzte Einblenden der Adressliste ja in einem bestimmten Kontext. Ihre Überschrift mit den Signalworten “Bukarest” und “Rumänien” widerspricht augenscheinlich Ihrer Aussage in der Mail “Die Herkunft oder Nationalität von Personen spielen für uns keine Rolle”. Für die Logik Ihres Beitrags ist es eben wesentlich, den “deutschen Sozialstaat” auf der einen und die rumänischen Einwander*innen auf der anderen Seite als Gegensatzpaar zu konstruieren. Und in diesem Zusammenhang ist das Einblenden der ungeschwärzten Liste mit Adressen dieser Einwander*innen kein neutrales Abbilden, sondern hoch problematisch. Warum haben Sie die Namen nicht geschwärzt oder einfach auf die Quelle im Internet verwiesen?

2.
Damit bin ich bei Ihrem Zitat von Augsteins Worten “Sagen, was ist.” Ich interpretiere diese als Bekenntnis zu intensiver journalistischer Recherche für Beiträge mit (neuem) Informationsgehalt. Dazu zähle ich nicht Ihr in dem Beitrag gezeigtes Filmen rumänischer Einwander*innen, die ganz klar erkennbar signalisieren, nicht gefilmt werden zu wollen (auch nicht, wenn ihre Adressen als Gewerbe gemeldet sind). Warum haben Sie für die Sendung nicht wenigstens die Gesichter dieser Menschen, darunter Minderjährige, unkenntlich gemacht?

3.
Über die Menschen, die Sie mit der Adressliste bei laufender Kamera suchen, heißt es gleich zu Beginn aus dem Off, die meisten seien Roma, die sich selbst “ț***”, “Z***” nennen. Sodann ist in Ihrem gesamten Beitrag mit Blick auf die gefilmten Menschen ausschließlich von “Z***” die Rede — das heißt Sie nehmen die rumänische Bezeichnung einiger Individuen untereinander als Grundlage für den undifferenzierten deutschen Begriff “Z***” und nutzen diesen, als sei er völlig neutral. Ist Ihnen bewusst, dass die Benutzung des N-Worts unter Schwarzen nicht bedeutet, dass diese und andere Menschen im deutschen Fernsehen mit dem N-Wort bezeichnet werden wollen? Können Sie sich vorstellen, dass Menschen, die sich untereinander “țigani” nennen, von Ihnen im deutschen Fernsehen nicht mit dem deutschen Wort “Z***” bezeichnet werden wollen?

Die von Ihnen angeführten Zitate des Presserats (dessen Arbeit wichtig und wertvoll ist) beantworten im konkreten Fall keine meiner Fragen. Darum bitte ich Sie erneut darum.

Übrigens, ist Ihnen bekannt, dass ‘Pro Deutschland’ für einen tausendfach in Berlin verteilten Flyer einen Screenshot Ihres besagten Beitrags unter der Überschrift ‘Spiegel TV schlägt “Z***alarm”‘ verwendet — und dass auf diesem Flyer ein Mann zu sehen ist, der von Ihnen gegen seinen Willen gefilmt wurde?

Mit freundlichen Grüßen
Hendrik Kraft.