Zwischenraum-Festival: Berlin 12.-14.09.2014

[crosspost]

«Die Gedanken sind frei» Angst ist Alltag für Roma in EUropa
Ein Ausstellungsprojekt von Marika Schmiedt
Grafiken – Plakate die im Sinne der Confrontage agieren

Freitag, 12.09.2014, 19:00 Uhr
Ausstellungseröffnung mit Vortrag und Diskussion zur Diskriminierung von Roma in Europa,
mit Filiz Demirova und Georgel Caldararu. derparia.wordpress.com

Dieses Ausstellungsprojekt soll als Spiegel der verbreiteten aber durchschnittlich nicht wahrgenommenen Rassismen dienen und mit der Geschichte der Verfolgung der Roma in Verbindung gebracht werden. Obwohl die gegenwärtige Verfolgung von Roma eine soziale und politische Situation hervorruft, die an die Zeit des Nationalsozialismus erinnert, hat sich die Mehrheit zu schweigen entschlossen. Meine Arbeit versucht, das Schweigen zu durchbrechen und den Rassismus zu enthüllen und gleichzeitig der fortschreitenden Diskriminierung entgegenzuwirken.

MARIKA SCHMIEDT, 1966 in Traun/Oberösterreich geboren, Künstlerin und Aktivistin. Seit 1999 Recherchen (Zeitzeugen und Gegenwart) zur Verfolgung von Roma und Sinti; die Auseinandersetzung mit der Situation der Roma vor und nach 1945 bildet einen Schwerpunkt der künstlerischen Arbeit. marikaschmiedt.wordpress.com

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Sensibilisierung für Rassismus im Supermarkt: EDEWA zeigt Ausstellung im Rathaus Schöneberg

Am letzten Samstag (7.12.2013) eröffnete im „Goldenen Saal“ des Rathauses Schöneberg die Wanderausstellung der EDEWA – Einkaufsgenossenschaft antirassistischen Widerstandes. Gezeigt werden dort noch bis kommenden Samstag Kunstwerke, Texte und Bilder, die sich kritisch mit (kolonial-)rassistischen Kontinuitäten in der Namensgebung und dem Design von in Deutschland erhältlichen Alltagsprodukten auseinandersetzen (s. auch: Warum wollen Sie uns essen?).

sauce

Unter den Exponaten befindet sich neben dem oben dargestellten Vorschlag zur rassismusfreien Bezeichnung von Saucen auch eine Schachtel Zigaretten der Sorte „Critical Postcolonial Spirit“. Design und Name sind an einer ähnlich aussehenden und klingenden Marke orientiert, die für den Verkauf von Zigaretten auf kolonialrassistische Bildsprache zurückgreift.

schachtel

Jedem der Exponate liegt ein Text bei, in dem die_der Künstler_in die eigene Intention und/oder den Kontext der Arbeit im Zusammenhang mit realen Produkten näher beschreibt. Das heißt, als Besuchende_r ist mensch nicht allein gelassen mit den ausgestellten Werken, sondern erhält textuelle Begleitung beim Erschließen der rassistischen Zusammenhänge, die mit dem jeweiligen Kunstwerk kritisch thematisiert werden.

Mit den kreativen Produktremixes bietet die Ausstellung eine Gelegenheit zur Reflexion von und Auseinandersetzung mit rassistischer (Bild-)Sprache im Konsumalltag. Zusätzlich informieren die beigelegten Texte über die tradierten Bilder und Worte, die ja nicht kontextfrei erfunden wurden, sondern klare Linien zu jenen (kolonial-)rassistischen Herrschaftsverhältnissen aufweisen, in denen die realen Produkte entstanden und immernoch entstehen.

Die Ausstellung ermöglicht die selbstkritische Auseinandersetzung mit der eigenen Position innerhalb dieser Verhältnisse. Durch Humor mit einem bitteren Beigeschmack rücken historische Zusammenhänge in den Fokus, die beim alltäglichen Konsum im Supermarkt keine Rolle spielen (mögen): Über Jahrhunderte tradierte rassistische Unterdrückung, Ausbeutung und Ermordung von Menschen zur Sicherung und Erweiterung von Konsumgewohnheiten in weißdominierten Gesellschaften.

tee

Nicht nur Lebensmittel, auch Musik als Produkt sowie Kleidung und andere Bereiche der Konsumwelt werden thematisiert. Über die zentralen Exponate hinaus wird die Ausstellung von Informationen über rassistische Spuren in der deutschen Sprache sowie Hintergründe zu rassismuskritischen/kontrarassistischen Bewegungen in Deutschland und den USA begleitet.
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EDEWA-Ausstellung: zu sehen noch bis 14.12.2013 im Rathaus Schöneberg, John-F.-Kennedy-Platz in Berlin (Ort bei Openstreetmap), Kontakt und weitere Infos zum Rahmenprogramm hier.

Offener Brief an Rudolf Sarközi

Dieser Offene Brief wurde ursprünglich bei Der Paria veröffentlicht und erscheint hier mit freundlicher Genehmigung als Crosspost.
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Sehr geehrter Herr Sarközi,

hiermit möchten wir Sie über unsere Empörung bezüglich Ihrer Positionierung gegen die Kunst von Marika Schmiedt in Kenntnis setzen. Wir sind aufgebracht, dass Sie sich gegen Werke, die auf die gegenwärtige Verfolgung und Unterdrückung von Roma in Europa aufmerksam machen, positionieren und damit die Hetzkampagne und die Kriminalisierung von Widerstand legitimieren. Ihren eigenen Angaben nach empfinden Sie die Kunst von Marika Schmiedt als gegen die Roma-Minderheit gerichtet und finden die Äußerungen der ungarischen Nationalisten gerechtfertigt und begründet: “Ja, das stimmt. Ich kritisiere diese Ausstellung und habe das dem (ungarischen) Botschafter auch so gesagt”. Was Sie noch nicht erwähnt haben ist, warum Sie diese Meinung teilen.

Als Vertreter der Roma-Organisationen aus Österreich, zu dem Sie sich selbst ernannt haben, müssten Sie wissen, dass viele Menschen von Ihren öffentlichen Äußerungen betroffen sind. Das heißt, Sie sprechen nicht nur für sich und Ihre eigene Familie, sondern für alle Roma aus Österreich und, in diesem Fall, auch für alle Roma aus Ungarn. Haben Sie sich über die Situation der Roma in Ungarn tatsächlich informieren lassen?

Durch Ihre Haltung gehen Sie eine Komplizenschaft mit den ungarischen Nationalisten ein, die Roma angreifen, und Sie lassen zu, dass Positionen von Roma zensiert und ihre Arbeit skandalisiert wird. Marika Schmiedt kritisiert gemeinsam mit unserer Initiative Der Paria, dass Sie das rassistische Projekt „Bio-Knoblauch Romanes“ mitinitiiert haben. Dem Anschein nach haben Sie mehr Interesse an der Umsetzung eines Projekts, das Roma zur Arbeit auf Plantagen zwingt, ihnen das Recht auf Selbstbestimmung verwehrt und keine Kritiken darüber zulässt, als an selbstbestimmten Kunst- und Aktionsformen wie von Marika Schmiedt.

Auf dieser Grundlage treten Sie auf derselben Seite wie die ungarischen Nationalisten auf und ent-solidarisieren sich ein weiteres Mal von Marika Schmiedt. Unserer Meinung nach verursacht Ihre Roma-Vertretung sehr großen Schaden und verschlimmert die Situation. Des Weiteren gibt es bis jetzt von Ihnen keine öffentlichen Statements bezüglich der bedrohlichen Situation für Roma in Ungarn. Als Zsolt Bayer Anfang 2013 öffentlich sagte, ‘Diese Zigeuner sind Tiere und benehmen sich wie Tiere’, waren damit alle Roma gemeint, das heißt, dass Sie auch davon betroffen waren. Deswegen ist es für uns unverständlich, wenn Sie solche öffentlichen Beleidigungen komplett ignorieren, aber die Kunst von Marika Schmiedt verurteilen, ohne Ihre Kritik zu begründen. Als die Neo-Nazis in den ungarischen Dörfern Hassmobs gegen Roma organisiert haben, wie in Gyöngyöspata 2011 der Fall war, wurden Sie als Roma-Vertreter ebenfalls nicht aktiv. Warum beziehen Sie gegen kritische Roma-Positionierungen Stellung und nicht gegen ungarische Nationalisten, wenn diese antiromaistische Deklarationen veröffentlichen und Aktionen leiten?

Wir sind der Meinung, dass Sie nicht das Interesse der Roma-Minderheit vertreten, sondern Ihre eigenen Interessen. Deshalb erkennen wir Sie nicht als Roma-Vertreter an und werden alle Roma-Organisationen, europa- und weltweit, über Ihre Position informieren.

Mit besten Grüßen

Der Paria,
Georgel Caldararu, Filiz Demirova