Jedem seinen Mob

Ein Mob für die Welt (oder: Wenn er erstmal tobt)


„Hier hat sich der Mob ausgetobt“ titelte Welt Online gestern mit einem Joachim-Lenders-Zitat. Was mit „hier“ gemeint ist, sieht man in den Kommentarspalten: die sind nämlich leer und gesperrt. Auweia, was wurde da nur geschrieben, was zur Zensur in der Welt führte?

In einem neueren Welt-Artikel zum gleichen Thema existiert die Kommentarspalte noch, da kann man sehen, wie die Geduld der Welt-Leser sich gegenüber (kriminellen!) Migranten gen Ende neigt. Im Tobe-Mob-Artikel ging es dann sicher noch einen Zahn schärfer zu.

Darum:


[…]


(2 Screenshots von Welt Online)

Ist Kommentare-Löschen eigentlich schon Leser-Mobbing … ?

Polizeigewalt in Hamburg

Darauf habe ich gewartet: Das aufgetauchte Video und was es mir über die Unverhältnismäßigkeit medialer Berichterstattung und das Verschweigen von Zusammenhängen verrät.


Ganz ehrlich: Als ich im Radio die Meldung von der großen Gruppe verärgerter Anwohner hörte, die eine in der Unterzahl befindliche Gruppe Polizisten krankenhausreif schlug, war ich bereits skeptisch, was die Vollständigkeit der Ereignisse bzw. des Berichts anging. Das Schema ist nämlich oft gleich: Die Polizei gibt eine Pressemitteilung heraus, woraufhin eine Agentur oder ein großes Medium diese einfach reproduzieren. Eigene Recherchearbeit gibt es dabei in so einem Fall von Agentur-Blaupausen nicht. Von Skepsis gegenüber dem Sachverhalt, gar kritischem Journalismus ganz zu schweigen. Dabei ist doch klar: Es gab einen gewaltvollen Konflikt zwischen zwei Gruppen. Allein angesichts dieser Situation müssten doch mindestens erst einmal beide Gruppen, also beide Konfliktparteien, zu Wort gekommen sein, bevor man Meldungen über Hergang und Schuld verbreitet. Nicht so in unseren den meisten Medien.

Heute dann berichtet das Internetportal gulli.com ausführlich von einem aufgetauchten Video, in dem Polizeigewalt zu sehen ist, die den eskalierten Ausschreitungen vorausgegangen ist (als Höhepunkt verbaler Provokationen auch durch die Polizei). Das heißt jetzt, wo bereits gegen Migranten (rechte und konservative Blätter), „Unterschicht“ und „Abschaum“ (Joachim Lenders, Lvors. der dt. Polizeigewerkschaft HH) gehetzt und über angeblich grundlose Gewalt und Respektlosigkeit gegenüber der Polizei berichtet wird, kommt nur per Zufall die andere Perspektive zum Vorschein. Per Zufall, ja. Und ja, „darauf habe ich gewartet“, auf diese Perspektive, die Aufschluss über den tatsächlichen Hergang gibt, über das, was sich vor der Eskalation abspielte und welchen Beitrag die Polizeibeamten zur Eskalation leisteten. Diese Perspektive, die zeigt, dass nicht alles so einfach und schwarz-weiß ist, wie die Logik der uniformierten Herren, die „das Maß voll“ sehen und „die volle Härte des Rechtsstaates“ (Joachim Lenders) herbeisehnen – für Andere wohlgemerkt.

Screenshot aus dem Video: Nach den Knüppelschlägen des Polizisten liegt der Mann am Boden. Die zwei Polizisten halten dessen Freunde von ihm fern. Der am Boden Liegende bekommt noch weitere Schläge im Verlauf des Videos. Er fragt den Beamten, warum er ihn mit dem Knüppel schlägt. Die Jugendlichen hinter der Kamera bitten die Polizisten, aufzuhören. Ohne Erfolg. (via gulli.com)

Es bleibt abzuwarten, wie lange (die meisten) Medien und Behörden, die ihre Urteile über die „Schuldigen“ bereits gefällt bzw. verbreitet haben, brauchen werden, um sich den Tatsachen, die in diesem Video zu sehen sind, ein bisschen zu nähern.

Meine Skepsis bei der Radiomeldung sehe ich nun nachträglich als berechtigt. Diese Skepsis wird auch zukünftig angesichts unserer der meisten Medien und ihrer unkritischen Haltung gegenüber behördlichen Meldungen bestehen bleiben oder sogar wachsen. Menschen, wie der am Boden liegende, wehrlose Mann, der den Knüppelschlägen eines Polizisten ausgeliefert ist (wobei ein Polizeikollege tatenlos daneben steht), haben mindestens dieselbe mediale Aufmerksamkeit verdient, wie die in der Eskalation verletzten Polizisten.

Eine generelle Frage ist, wo die kritisch-journalistische Distanz zu Ereignissen bleibt, die nur aus der Sicht einer von zwei betroffenen Konfliktparteien bekannt ist. Und eine konkrete Frage zu Fällen wie dem vorliegenden ist, ob Medien die Perspektive eines Opfers von Polizeigewalt in die (andauernde) Berichterstattung über Polizei und Gewalt einbeziehen möchten.

Auch die Polizei besteht nur aus Menschen, unter denen es eben einzelne gewaltbereite gibt. Diese sollten für sinnlose Gewalt genauso rechtsstaatlich zur Rechenschaft gezogen werden, wie alle anderen Menschen – und das darf nicht hinter verschlossenen Türen verhandelt werden. Darum ist es wichtig, dass Medien nachhaken und nicht nur reproduzieren. Dass Medien skeptisch sind, genaue Quellen nennen und eben auch betonen, wenn Sachverhalte noch nicht endgültig geklärt sind. Dass Medien sich nicht von der Polizei zugunsten von Law-and-Order-Gedöns und zum Nachteil von faktenbasierter Berichterstattung vor den Karren spannen lassen.

update (19:30)
Inzwischen hat Welt Online einen Artikel gepostet, in dem das Video thematisiert wird. Über einzelne dortige Beschreibungen des Gezeigten kann man sicher streiten. Der ursprüngliche und einseitige Artikel auf Welt Online von heute morgen ist auch noch online.

In der Taz werden die Ereignisse in zwei Artikeln in einen größeren Zusammenhang gestellt, außerdem kommen die Anwohner von Neuwiedenthal und auch der Zusammengeschlagene zu Wort: hier und hier. Lesenswert auch der Kommentar von Jan Kahlcke: Die Polizei hat viel falsch gemacht.

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siehe auch: vom Gerichtsprozess zu dem Fall berichtet die taz (3.3.2011): Wenn Polizisten schweigen

Das Video (via gulli.com)

Ja, diese Shitstorm-Community

Als Journalist könnte man sich vom „Internet“ eine Portion Humor abschneiden


Die wesentliche Unterscheidung zwischen Bloggern und Journalisten ergibt sich wohl zuallererst aus der Selbstzuschreibung in den Köpfen der Autoren beider Varianten. Viele Menschen ohne journalistische Ausbildung können als (Mikro)blogger zum Beispiel auf den sozial unterkühlten Tweet von Kristina Schröder reagieren (ohne sich Journalisten nennen zu müssen). Die digitale Äußerung der Familienministerin ist fast vier Tage alt und trotzdem noch immer ein angesagtes Thema in den Weiten des deutschsprachigen Webs, weil Menschen mit einer eigenen Meinung nicht auf den guten Willen einer Redaktion angewiesen sind.

Gestern waren die Meinungen und Reaktionen zu Frau Schröders Tweet dem großen Nachrichtenportal Spiegel Online einen Artikel wert. Und in diesem Artikel bastelt Florian Gathmann fleißig am Kopfkunstrukt der Zweiteilung zwischen Blogosphäre und Journalismus. Ein Merkmal dieser Bastelei ist, wie angestrengt sie wirkt.

„Die Community schlägt zurück“, leitet Gathmann seinen Artikel ein. „Community“ ist ein, wenn auch harmloser, aber klar abgrenzender Begriff, unter dem (Zehn?)Tausende verschiedenster Menschen, die auf Krisitna Schröders Äußerung reagierten, zusammengefasst werden sollen. Dieser Begriff erinnert an Christian Wulffs Homepage, auf der man bis vor kurzem noch mit „Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Internetnutzer“ begrüßt wurde: als bestünde die Welt aus Menschen einerseits und „Internetusern“ andererseits.

Statt „Community“ könnte Gathmann einfach „Menschen“ schreiben, aber dann würde ja klar werden, dass das Internet von eben diesen Menschen nur als Hilfsmittel zur Äußerung der eigenen Meinung genutzt wird, mehr nicht. Die Kreation eines „zurückschlagenden“ Gespenstes namens „Internet-Community“ versucht die komplexe Erscheinung der über die Welt verstreuten, allein denkenden und handelnden Menschen auf das Bild einer „Interessengruppe“ herunterzubrechen. Florian Gathmann stellt „Internetuser“ so als eine homogene, gleichgeschaltet handelnde Gruppe dar.

Wenn Gathmann dann den Begriff „Shitstorm“ zu übersetzen versucht und Phänomene aus „der Szene“ beschreibt, wird peinlich deutlich, wie fremd diese „Internetwelt“ ihm doch sein muss. Bemerkt Gathmann, wie komisch es anmutet, wenn er sich den Spiegel-Online-Lesern hier als szenekundiger Experte verkauft? Als hätte er sich heimlich eingeschlichen, in diese „Internet-Community“.

Gathmanns Vokabular ist nötig, wenn man einen Insider-Bericht über die rauhe Welt des Internets verfassen möchte. In diese Wahrnehmung gehört auch, die kritischen Mikroblog-Reaktionen auf Beschimpfungen zu reduzieren. Hätte Gathmann etwas tiefere Einblicke in die „Szene“ zugelassen, dann wäre er auf die schöne Tweet-Sammlung im Marx-Blog gestoßen, die den Humor und die Kreativität zeigt, mit der Schröders Äußerungen satirisch verarbeitet wurden. Aber so gibt Gathmann nur einen Einblick in seine bierernste „Community“-Wahrnehmung.
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Kristina Schröder, Hartz IV und ein Gerichtsurteil

Hartz und nicht herzlich

So reagierte Kristina Schröder auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bezüglich der Hartz-IV-Sätze für Kinder im Februar 2010:

http://www.youtube.com/watch?v=JkA0joRSadA

„Klarer Handlungsauftrag“, „tatsächliche Lebenswelt vieler Familien mit Kindern berücksichtigt, die auf Hartz IV angewisen sind“, „Bedürfnisse der Kinder“, „kindsspezifischem Bedarf gerecht werden“ … zählen alle diese Äußerungen nicht mehr? Kristina Schröder fragt per Tweet: „Eine Familie in Hartz IV, 2 Kinder, erhält inkl. Elterngeld 1885 € vom Staat. Netto! Ist das gerecht gegenüber denen, die arbeiten?“

Dieser Frage, die mich an Westerwelles Dekadenz-Rhetorik erinnert, liegt die Einteilung von Menschen mit niedrigem Einkommen in zwei Gruppen zugrunde: „Arbeitende“ und „Hartz-IV-Bezieher“ (bzw. sogar „Hartz-IV-Familien“). Die Tatsache, dass beide Gruppen eigentlich Teil derselben sind, die von sehr wenig Geld leben müssen, führt bei Frau Schröder nicht etwa zu der Frage, wie diese Menschen mehr Einkommen erhalten könnten, sondern zur Frage, ob 1885 Euro für vier Personen „gerecht“ (im Sinne von „in dieser Höhe gerechtfertigt“) sind. Ist die politische Welt so billig, das politische Verständnis einer Ministerin für Familie (!) so primitiv, dass ernsthaft eine Logik nicht nur gebilligt, sondern forciert wird, nach der unterbezahlte Lohnabhängige die Sozialleistungen einer vierköpfigen Familie missbilligen sollen? An welche ekelhaften Ressentiments soll mit so einer Frage appelliert werden?

In einer halbwegs aufgeklärten Gesellschaft werden die Menschen nicht auf billigen Populismus hereinfallen – und sich nicht von Frau Schröder, Herrn Westerwelle und Co in sozial Schwache mit Arbeitsplatz (Menschen die nicht nach „Freibier fragen“) und sozial Schwache ohne Arbeitsplatz (Menschen die nur auf „Freibier“ warten) einteilen bzw. spalten lassen. Schon gar nicht durch Menschen, für die Hartz IV ein Arbeitsbegriff ist, ein Werkzeug, und nicht Lebensrealität.

Mal sehen, ob das Bundesverfassungsgericht zu den neuen Sparplänen auch was sagt. Und dann wieder Frau Schröder. Und dann wieder … Demokratie 2010.

Achja, ich glaube ja, es geht so aus: Frau Schröder wird sagen, sie hat das nicht selbst getweetet, das war ein Mitarbeiter … [update] nein, es geht doch anders aus: Während Frau Schröder mit BLick auf die zu hohe Höhe des Elterngeldes bei twitter an den Gerechtigkeitssinn appelliert, erzählt sie Journalisten was anderes – Elterngeld für Hartz-IV-Familien war eh „systemwidrig“. Aha, verfassungswidrig geht nich, das entscheiden nämlich andere (siehe Video oben), also „systemwidrig“. Na da haben Frau Schröder und die Familien nochmal Glück gehabt, dass dank des Sparpakets nun eine Systemwidrigkeit aufgefallen ist.


Jörg Marx und Johnny Haeusler widmeten den Tweet-Äußerungen Kristina Schröders bereits Beiträge. Lesenswerte Kommentare zu den Schröderschen Kinderkürzungen gibt es auch im genderblog, bei Zivilschein, Volker König und unqualifiziert.net.

Świnki von Robert Gliński* [goEast 2010]

Der Film Świnki des polnischen Regisseurs Robert Gliński kommt in Deutschland am 8.Juni 2010 unter dem Titel „Ich, Tomek“ in die Kinos.

Beim diesjährigen goEast-Filmfestival sah ich in sieben Tagen rund 20 Filme in zwei Wiesbadener Kinos. Świnki von Robert Gliński beeindruckte mich besonders. In dem Film wird Kindesmissbrauch nicht als Spezifikum einer einzelnen Einrichtung, eines bestimmten Ortes oder einer besonderen Zeit, sondern als Teil der „normalen“ Welt thematisiert – als Eskalation eines gesellschaftlichen Alltags, der geprägt ist von Abhängigkeit, Zwängen und der Sehnsucht nach Selbstbestimmung.

Die deutsch-polnische Grenzregion zur Zeit um den polnischen EU-Beitritt steht als Kulisse für jene Grenzerfahrungen der besonderen Art, mit denen die Figuren, mehrheitlich Kinder, konfrontiert werden.

Tomek ist um die 14 Jahre alt. Das finanzielle Überlebensminimum seiner Eltern, der geplatzte Traum in einem Jugendsozialprojekt und ein engagierter, aber ignoranter Pfarrer rücken für ihn plötzlich zugunsten neuer Perspektiven in den Hintergrund: eine schöne Freundin und soziale Anerkennung. Beide haben ihren Preis.

Mit seinem guten Schuldeutsch hat Tomek einen Vorteil gegenüber den anderen Kindern: Die zahlende Kundschaft kommt aus Deutschland. Schnell entwickelt er Routine, erlernt die Mechanismen des „Marktes“ und wird so zeitweise sogar zum örtlichen Świnki-Chef. Die Macht des Stärkeren in Verbindung mit brutaler, sexueller Gewalt, die Tomek selbst zu spüren bekommt, entdeckt er als Werkzeug zur Durchsetzung der eigenen Karriere.

Hierin liegt meines Erachtens auch der Wert dieses Films: Die Kinderprostitution, der bezahlte Missbrauch von Minderjährigen, stellt sich als Teil eines Kontextes dar, in dem Menschen nur noch mit einem Marktwert zählen. Damit ich nicht falsch verstanden werde, ich sehe den Film nicht einfach als eine Parabel zur kapitalistischen Gesellschaft, sondern ich sehe in dem Film eine differenzierte Auseinandersetzung mit gegenwärtigen Macht- und Abhängigkeitsstrukturen, aus denen heraus Kindesmissbrauch und Kinderprostitution entstehen. Damit macht es sich Robert Gliński eben nicht so einfach, den Kindesmissbrauch als Perversion zu inszenieren, sondern er zeigt die Kinderprostitution als Teil jener Perversionen, die unserem alltäglichen Miteinander bereits zugrundeliegen.

Der Film kommt völlig ohne plumpe Schockbilder aus, die Schreckmomente bereiten einem die Gesichter der authentisch spielenden Kinder. Die gefühlte Scham vierzehnjähriger Jugendlicher angesichts der Geilheit betuchter Männer beschert unbequeme Filmminuten. Darauf folgen Selbsthass und finanzielle Befriedigung dank 80 verdienter Euro, die für Tomek den Anfang einer Karriere bedeuten.

Die atmosphärischen Details sind beeindruckend, nicht zuletzt, weil Anna Kulej (Marta) und Filip Garbacz (Tomek) in ihren Rollen unglaublich überzeugend sind. In ihren Bewegungen, in ihrer Wortwahl, im Flirten, Trinken, Feiern und beim „Shoppen“ sind diese Kinder erschreckend erwachsen. Die frische Sehnsucht nach vermeintlicher Befreiung manifestiert sich bei den Kindern im Rausch von Kaufen, Kaufen, Kaufen. Tomek kauft sich seine Freundin und ihr teure Schuhe. Beide erkaufen sich damit ihre Position. Und wesentlicher Bestandteil dieser Logik ist eben auch, dass sich reiche, deutsche Männer die Kinder kaufen.

© widark & 42film 2009

Der Film ist desillusionierend. Zu einem Herabschauenden gehört immer mindestens ein Heraufschauender, ein Gepeinigter. Und beide Perspektiven sind Teil derselben Karrierekette, auf deren Ende die Illusion vollkommener Befriedigung projiziert wird.

In diesem Sinne ist der Film deprimierend und nicht schön. Aber er ist gut. Er will kein Mitleid erzeugen, keine Trauer oder Wut, sondern er will für dieses, unser derzeitiges menschliche Miteinander sensibilisieren, das solche Fälle sexueller und gewalttätiger Ausbeutung von Menschen, Kindern, und zwar in unserer Mitte, hervorbringt.

Für diesen im Film beschriebenen Zustand ist es symptomatisch, dass Problemlösungen nicht an den Mitteln scheitern, sondern an der Tiefe und Ernsthaftigkeit, mit der man überhaupt erst einmal bereit ist, ein Problem wahrzunehmen. Was so abstrakt klingt, wurde mir in einer Szene des Films besonders deutlich: Tomek sieht sich mit einem sofort reagierenden, sensiblen und aufwändigen, hochtechnisierten Sicherheitsapparat konfrontiert, als er mit einem Schlauchboot nachts versucht, die Oder zu überqueren. Innerhalb genau dieser Gesellschaft, die jenen sensiblen Sicherheitsapparat hervorgebracht hat und jedes Schlauchboot auf der Oder wahrnehmen kann, ist es möglich, dass Kinder wie Tomek gegen Geld sexuell missbraucht werden. In dieser Szene zeigt sich, dass nicht Antworten fehlen, sondern dass die falschen Fragen gestellt werden.

Der Film provoziert, indem er ein gesellschaftliches Problem in seinem Kern anschneidet, der allgegenwärtig ist, aber hinter den Rufen nach einfachen Lösungen verschwindet. Darum ist der Film sehenswert.

*Den ursprünglichen Titel habe ich geändert.
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Der Regisseur Robert Gliński am 27. April in Wiesbaden beim goEast-Filmfestival über seinen neuen Film Świnki („Ich, Tomek“):

http://www.youtube.com/watch?v=vYnVs5FOXCY