Untergrund-Gender

Der Ton macht die Musik


In der Berliner U-Bahn ist die weibliche Stimme von Ingrid Metz-Neun weit verbreitet für die Stations-Ansagen. Ich glaube, männliche Sprecher gibt es für die Stationen der U-Bahn in Berlin gar nicht. Aber: Einsteigen und Zurückbleiben werden von einer männlichen Stimme erbeten.


Bukarester Metrou, Bild-Linzenz: CC (Quelle: ro.wikipedia.org)


In der Bukarester Metrou werden die Warnung „Atenţie, se-nchid uşile!“ wie auch die Stationen von der gleichen, weiblichen, Stimme angesagt.

Die Verheißung zukünftiger Aufenthaltsorte wird einer Dame überlassen. Aber dem gemeinen Preußen wird nicht zugetraut, dass er sich auch von einer Frau bevormunden lässt. Da sind die Rumänen schon weiter …

Dirty Dancing

Metrorätsel


Mulțumim mult lui bombastick pentru poza!


Was wird hier abgebildet? Wer meint, dass hier etwas anderes passiert, als eine öffentliche Ballettprobe auf einer Bukarester U-Bahnstation, ein überstürztes Wiedersehen oder blinder Aktionismus eines Antigraffitikommandos, der macht einen Vorschlag.

Bukarest im Frühling

[Trigger-Warnung: Hinweise auf die rassistische Fremdbezeichnung von Rom_nija]

Wo verändert wird und wo nicht

Tatsächlich ist in Bukarest bereits der Frühling spürbar. Die Erneuerungen sind unübersehbar.

Die Veränderungen in dieser Stadt sind rasant, aber nicht immer im Interesse aller Bukarester. Inzwischen formiert sich Widerstand gegen die Kommerzialisierung und Entgrünung öffentlicher Plätze in der Innenstadt (siehe zwei rumänische Blogs dazu). Der rumänische PSD-Politiker Cristian Diaconescu (momentan rumänischer Außenminister) ging 2008 als Bürgermeister-Kandidat auf Wählerstimmenfang mit der Forderung, das Stadtzentrum nicht den Banken und Juwelier-Shops zu überlassen, sowie mit der Vision einer riesigen Fußgängerzone in der Calea Victoriei. Er wurde nicht Bürgermeister und seine Konkurrenten hatten andere Visionen.

Reflexartige Veränderungen sind ja in Rumänien nicht nur in der Gestaltung der Hauptstadt zu beobachten, sondern spiegeln sich auch in den Wünschen der Sprachgestaltung mit Blick auf die ungeliebte Minderheit der Roma wieder. Der neueste Coup in dieser Richtung ist eine Gesetzesinitiative („proiect de lege“) der Tageszeitung Jurnalul National, in der die Ersetzung des Terminus Roma durch den Begriff „[***]ner“ („ț[***]“) gefordert wird, um nicht den Ruf Rumäniens im Ausland zu schädigen. Im entsprechenden Artikel wird tatsächlich mit dem Hinweis auf die Wortähnlichkeit zwischen Roma und România beklagt, dass ehrlich arbeitende RumänInnen in Italien und anderen westlichen Ländern unter den kriminellen Taten „dieser Ethnie“ Roma zu leiden hätten – weshalb der Begriff „[***]ner“ endlich wieder den klaren Unterschied zur Geltung bringen solle. Mal sehen, wie weit es dieses „Gesetzesprojekt“ schafft.

In anderen Bereichen der Namens- und Sprachgestaltung ist man in Rumänien viel weniger für Veränderung bereit, im Untergrund. Schaut man sich den Plan der Bukarester Metrou an, fallen zwischen den Namen lange verwester Männer besonders die Stations-Bezeichnungen aus Zeiten des nominellen Sozialismus auf: „Platz der Helden“, „Neue Zeiten“, „Platz der Arbeit“, „Jugend“, aber auch „Verteidiger der Heimat“ und „Volksarmee“.


Metrou-Station „Jugend“


Einer der bekanntesten Treffpunkte, die Unterführung der U-Bahn-Station „Universitate“, wurde nun komplett saniert und ist ganz frisch wieder nutzbar – die Geschäfte sind noch nicht einmal wieder eingezogen. Dafür erinnert der Ort nun an eine Hotel-Lobby, und nicht mehr an eine Metrou-Unterführung.


Metrou-Station „Universität“


Nach wie vor existieren Veränderung und Stillstand in Bukarest in extremer Weise nebeneinander. Interessant sind hierbei insbesonere die Prioritäten – was muss verändert werden und was ist Nebensache. Während die Roma wieder „[***]ner“ genannt werden sollen, bleibt die „Verteidigung der Heimat“ unangetastet.