Siebenbürgen und die Securitate

Einblicke hinter die Fronten – Eine Tagung in Jena


Eine Tagung in Jena am letzten Wochenende (24.-26.9.2010, organisiert vom Historischen Institut der Stadt und vom Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde) ging mit der „Securitate in Siebenbürgen“ thematisch einem aktuell heißen Eisen nach (hier das Programm als →pdf). Auf einer ähnlichen Tagung in München im Dezember 2009 hatte der in Siebenbürgen geborene Schriftsteller Werner Söllner ein „Spitzelgeständnis“ abgelegt und damit die Diskussion darüber befeuert, welche Rolle Siebenbürger und Banater Deutsche in der rumänischen Securitate spielten. Wer bis zu diesem Zeitpunkt noch die Welt etwa in „gute deutsche Oppositionelle“ versus „böse rumänische Securisten“ eingeteilt hatte, musste spätestens da erkennen, dass die Zusammenhänge komplexer waren.

Die Komplexität der Zusammenhänge deutete sich schon Anfang der 2000er Jahre in den Diskussionen über Eginald Schlattner an. Wie auch immer man zu dessen Literatur und seinem Umgang mit der Vergangenheit stehen mag – die Tatsache, dass er für die offene Thematisierung seiner Fehler von vielen Siebenbürger und Banater Deutschen ausgegrenzt wurde, verriet wenig über die Person Schlattner. Vielmehr zeigten die Gesprächsverweigerungen, wie schwer der differenzierte Blick auf ein Thema ist, das bis heute für starke Emotionen sorgt und daher auch viele Tabus kennt.

Interessant sind nun die Reaktionen auf die erst wenige Tage alten Erkenntnisse über Oskar Pastior. Der Germanist Stefan Sienerth kam nämlich zu dem Ergebnis, dass der 2006 verstorbene enge Vertraute Herta Müllers für die Securitate zumindest eine IM-Bereitschaftserklärung unterschrieben habe. Herta Müller, die Pastior sehr nahe stand, versucht im Interview mit der FAZ zu einer differenzierten Bewertung der Securitate-Einlassungen Pastiors zu kommen. Sie sieht Oskar Pastior zunächst einmal als Mensch und nicht als feindlichen Kollaborateur. Sicherlich spielt ihre emotionale Beziehung zu Pastior hier eine große Rolle. Aber „feindliche Kollaborateure“ als Menschen zu verstehen, ist der entscheidende Schritt zum Verständnis des gesamten Themas.

In diesem Sinne formulierte etwa Ingmar Brantsch in der Diskussion in Jena die Hoffnung auf etwas mehr Menschlichkeit im Umgang mit denen, die heute moralisch angeklagt werden. Regelrechtes Einknüppeln auf die Menschen, wie es Horst Fassel nach Bekanntwerden seiner IM-Tätigkeit erlebt habe, würde in der Sache niemanden voranbringen. In Herta Müllers Äußerungen zu Pastior erkennt Brantsch die Chance einer Wende hin zu mehr Differenzierung im Umgang mit der Vergangenheit.

Reaktionen wie die von Richard Wagner, der „Kein Verständnis für Pastior“ hat, wurden auch auf der Tagung in Jena geäußert. Insbesondere meldeten sich hier Angehörige jener Generation zu Wort, die in den 50er Jahren harte Repressionen in Rumänien in Form von Überwachung, physischer Gewalt, jahrelangen Haftstrafen und Folter erlebt hatten. Für sie sind die Verletzungen und Enttäuschungen nur schwer überwindbar, weshalb auch das Verständnis für die Zusammenhänge um Pastiors IM-Tätigkeit fehle. In diesen Zusammenhängen aber liegt der Schlüssel zur Beschäftigung mit dem ganzen Repressionsapparat, das wurde auf der Tagung erkennbar.

Kritische Blicke hinter die Kulissen sind demnach notwendig. Sehr kritisch präsentierte Martin Jung in seinem Beitrag ein bezeichnendes Beispiel: Der rumänische Präsident Traian Băsescu berief 2006 eine Kommission zur „Untersuchung der kommunistischen Diktatur“, deren Ergebnis die offizielle Verurteilung des Kommunismus war. So unterstrich die Kommission eine Teilung der rumänischen Gesellschaft in böse Kommunisten (reduziert auf ein paar Namen) und gute Bürger (der Gegenwart) – relevante Ergebnisse zu Rollen und Funktionen vieler bis heute aktiver Politiker und Wirtschaftsfunktionäre erbrachte die Kommission nicht. Einen wesentlichen Beitrag zur tatsächlichen Aufklärung von Zusammenhängen über die autoritären Strukturen Rumäniens vor 1989 blieb die Kommission damit schuldig. Man beließ es bei verbalen Verurteilungen.

Die Historikerin Katharina Lenski sieht das Problem ähnlich gelagert, allerdings griff sie auf ihre Erfahrung im Umgang mit der Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit zurück. Sie bemängelt die Instrumentalisierung von Stasi-Akten zur bloßen Anklage ehemaliger IMs und befürchtet, dass die reflektierte Auseinandersetzung mit den Hintergründen des Überwachungsapparats damit aus dem Blick gerät. Die Vorführung von Opfern als Instrumente der Anklage sieht sie als sehr problematisch. In der Vereinfachung der Stasi zu einem vermeintlich klar definierten Feind werden wesentliche Erkenntnisse vernebelt, die DDR-Repressionen stünden dann nur noch als Handlungsakte von „bösen Anderen“. Damit würden Konsequenzen für gegenwärtiges und zukünftiges Handeln unmöglich. Denn die Strukturen, die dem autoritären System zugrundelagen, bleiben unsichtbar, so lange Stasi, Securitate etc. in der Feindbild-Logik weiterleben.

Lenski ist überzeugt, dass richtig/ falsch, gut/ böse oder Freund/ Feind nicht die angemessenen Parameter sind, um sich mit den Zusammenhängen vergangener Repression auseinanderzusetzen. Die schwarz-weiße Einteilung der Gesellschaft entspräche genau der Kampflogik von Stasi und Securitate, deswegen muss diese hinterfragt und aufgegeben werden. Die Zusammenhänge hinter den Fronten sind von Bedeutung.


Siehe auch:
Hubert Spiegel war auch auf der Tagung in Jena und schrieb darüber am 29.9.2010 in der FAZ: Die Angst war der wichtigste Rohstoff

Roma in der EU 2010 – ohne Rechte

Vom nicht lustigen Leben als Roma


Seit mehreren Monaten hat Amnesty International im Zusammenhang mit Menschenrechtsverstößen in der EU insbesondere die Situation der Roma in verschiedenen europäischen Ländern im Blick. Die Nichtregierungsorganisation bietet Informationen über Aufrufe und eigene Aktionen zum Thema Roma auf ihrer Homepage an.

In der taz berichtete Ende Mai 2010 Ralf Leonhard in seinem Artikel Bürger zweiter Klasse über die wichtige Arbeit der NGO zur Situation der Roma.

Innerhalb der EU werden Menschenrechte verletzt. Auch im Kosovo, wo die EU mit ihrer EULEX-Mission eine der wichtigsten verantwortlichen Institutionen des Protektorats ist, sieht es finster aus für Roma in Sachen Menschenrechte. Und dazu kommt, dass Deutschland weiter Roma dorthin abschiebt – und die anderslautenden Forderungen von Menschenrechtlern ignoriert.

Die Diskriminierungssituation wird in der EU offiziell zur Kenntnis genommen, dennoch konnte man sich auch auf dem Roma-Gipfel in Cordoba 2010 auf keine konkreten Maßnahmen einigen. Lippenbekenntnisse bleiben also die Hauptmaßnahme der EU und ihrer Länder. Und das, obwohl eine EU-eigene Studie 2009 zu dem Ergebnis kam, Roma seien die am meisten diskriminierte Minderheit in der EU.

Świnki von Robert Gliński* [goEast 2010]

Der Film Świnki des polnischen Regisseurs Robert Gliński kommt in Deutschland am 8.Juni 2010 unter dem Titel „Ich, Tomek“ in die Kinos.

Beim diesjährigen goEast-Filmfestival sah ich in sieben Tagen rund 20 Filme in zwei Wiesbadener Kinos. Świnki von Robert Gliński beeindruckte mich besonders. In dem Film wird Kindesmissbrauch nicht als Spezifikum einer einzelnen Einrichtung, eines bestimmten Ortes oder einer besonderen Zeit, sondern als Teil der „normalen“ Welt thematisiert – als Eskalation eines gesellschaftlichen Alltags, der geprägt ist von Abhängigkeit, Zwängen und der Sehnsucht nach Selbstbestimmung.

Die deutsch-polnische Grenzregion zur Zeit um den polnischen EU-Beitritt steht als Kulisse für jene Grenzerfahrungen der besonderen Art, mit denen die Figuren, mehrheitlich Kinder, konfrontiert werden.

Tomek ist um die 14 Jahre alt. Das finanzielle Überlebensminimum seiner Eltern, der geplatzte Traum in einem Jugendsozialprojekt und ein engagierter, aber ignoranter Pfarrer rücken für ihn plötzlich zugunsten neuer Perspektiven in den Hintergrund: eine schöne Freundin und soziale Anerkennung. Beide haben ihren Preis.

Mit seinem guten Schuldeutsch hat Tomek einen Vorteil gegenüber den anderen Kindern: Die zahlende Kundschaft kommt aus Deutschland. Schnell entwickelt er Routine, erlernt die Mechanismen des „Marktes“ und wird so zeitweise sogar zum örtlichen Świnki-Chef. Die Macht des Stärkeren in Verbindung mit brutaler, sexueller Gewalt, die Tomek selbst zu spüren bekommt, entdeckt er als Werkzeug zur Durchsetzung der eigenen Karriere.

Hierin liegt meines Erachtens auch der Wert dieses Films: Die Kinderprostitution, der bezahlte Missbrauch von Minderjährigen, stellt sich als Teil eines Kontextes dar, in dem Menschen nur noch mit einem Marktwert zählen. Damit ich nicht falsch verstanden werde, ich sehe den Film nicht einfach als eine Parabel zur kapitalistischen Gesellschaft, sondern ich sehe in dem Film eine differenzierte Auseinandersetzung mit gegenwärtigen Macht- und Abhängigkeitsstrukturen, aus denen heraus Kindesmissbrauch und Kinderprostitution entstehen. Damit macht es sich Robert Gliński eben nicht so einfach, den Kindesmissbrauch als Perversion zu inszenieren, sondern er zeigt die Kinderprostitution als Teil jener Perversionen, die unserem alltäglichen Miteinander bereits zugrundeliegen.

Der Film kommt völlig ohne plumpe Schockbilder aus, die Schreckmomente bereiten einem die Gesichter der authentisch spielenden Kinder. Die gefühlte Scham vierzehnjähriger Jugendlicher angesichts der Geilheit betuchter Männer beschert unbequeme Filmminuten. Darauf folgen Selbsthass und finanzielle Befriedigung dank 80 verdienter Euro, die für Tomek den Anfang einer Karriere bedeuten.

Die atmosphärischen Details sind beeindruckend, nicht zuletzt, weil Anna Kulej (Marta) und Filip Garbacz (Tomek) in ihren Rollen unglaublich überzeugend sind. In ihren Bewegungen, in ihrer Wortwahl, im Flirten, Trinken, Feiern und beim „Shoppen“ sind diese Kinder erschreckend erwachsen. Die frische Sehnsucht nach vermeintlicher Befreiung manifestiert sich bei den Kindern im Rausch von Kaufen, Kaufen, Kaufen. Tomek kauft sich seine Freundin und ihr teure Schuhe. Beide erkaufen sich damit ihre Position. Und wesentlicher Bestandteil dieser Logik ist eben auch, dass sich reiche, deutsche Männer die Kinder kaufen.

© widark & 42film 2009

Der Film ist desillusionierend. Zu einem Herabschauenden gehört immer mindestens ein Heraufschauender, ein Gepeinigter. Und beide Perspektiven sind Teil derselben Karrierekette, auf deren Ende die Illusion vollkommener Befriedigung projiziert wird.

In diesem Sinne ist der Film deprimierend und nicht schön. Aber er ist gut. Er will kein Mitleid erzeugen, keine Trauer oder Wut, sondern er will für dieses, unser derzeitiges menschliche Miteinander sensibilisieren, das solche Fälle sexueller und gewalttätiger Ausbeutung von Menschen, Kindern, und zwar in unserer Mitte, hervorbringt.

Für diesen im Film beschriebenen Zustand ist es symptomatisch, dass Problemlösungen nicht an den Mitteln scheitern, sondern an der Tiefe und Ernsthaftigkeit, mit der man überhaupt erst einmal bereit ist, ein Problem wahrzunehmen. Was so abstrakt klingt, wurde mir in einer Szene des Films besonders deutlich: Tomek sieht sich mit einem sofort reagierenden, sensiblen und aufwändigen, hochtechnisierten Sicherheitsapparat konfrontiert, als er mit einem Schlauchboot nachts versucht, die Oder zu überqueren. Innerhalb genau dieser Gesellschaft, die jenen sensiblen Sicherheitsapparat hervorgebracht hat und jedes Schlauchboot auf der Oder wahrnehmen kann, ist es möglich, dass Kinder wie Tomek gegen Geld sexuell missbraucht werden. In dieser Szene zeigt sich, dass nicht Antworten fehlen, sondern dass die falschen Fragen gestellt werden.

Der Film provoziert, indem er ein gesellschaftliches Problem in seinem Kern anschneidet, der allgegenwärtig ist, aber hinter den Rufen nach einfachen Lösungen verschwindet. Darum ist der Film sehenswert.

*Den ursprünglichen Titel habe ich geändert.
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Der Regisseur Robert Gliński am 27. April in Wiesbaden beim goEast-Filmfestival über seinen neuen Film Świnki („Ich, Tomek“):

http://www.youtube.com/watch?v=vYnVs5FOXCY

Nazis blockiert

Die Nazidemo am 1.Mai 2010 in Prenzlauer Berg erfolgreich verhindert


Am Vormittag des 1.Mai stellten sich mehrere tausend Menschen friedlich und gegen den Willen des Berliner SPD-Innensenator Körting („Eine Demokratie muss es ertragen können, dass auch solche Leute demonstrieren“, taz) den Nazis in den Weg. Unter ihnen auch Körtings Parteifreund Wolfgang Thierse, der marschierende Nazis in seinem Berliner Bezirk Prenzlauer Berg scheinbar nicht ertragen will und lieber Demokratie lebt, als von ihr zu reden. So, wie viele andere Menschen an diesem Tag in Berlin.

Zwar wurde die unmittelbar in Sichtweite der Nazis auf deren Route organisierte Sitzblockade geräumt, aber die Rechtsextremen kamen keine 200 Meter weit, da mussten sie umkehren: An den nächsten Straßenecken warteten Tausende weiterer Menschen und füllten die Route der Nazis mit Leben und Musik.

http://www.youtube.com/watch?v=r5h-_e1Lq6Q

Alles blieb hier friedlich, die Nazis wurden erfolgreich wieder weggeschickt.



Statement am Kinderwagen



Mit Koffern verbarrikadiert


Die friedliche Versammlung wurde von der Berliner Polizei genutzt, ihr Filmarchiv mit frischen Aufnahmen von den Anwesenden zu füllen die Anwesenden zu filmen. Man wurde die ganze Zeit abgefilmt.



Film ab!

„So sind insbesondere Übersichtsaufzeichnungen, bei denen eine Speicherung des Versammlungsgeschehens erfolgt, nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass von der Versammlung erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgehen.“ (Bundesverfassungsgericht Pressemitteilung Nr. 17/2009 vom 27. Februar 2009)

Die Deutungshoheit für den Begriff „Gefahren“ liegt natürlich bei dem/der Filmregisseur/in. [27.7.2010: Das Berliner Verwaltungsgericht urteilte, dass das Filmen friedlicher Demonstranten rechtswidrig sei.]

Die Veranstaltung war gelungen und erfolgreich. Auch dieser patriotische bayrische Polizeitransporter konnte in den Feierabend fahren.


Tschööö!

update: (2.5.10 1:00)
Bei der anschließenden traditionellen 1.Mai-Demo in Kreuzberg kam es zu Zwischenfällen mit Gewalt von Demonstranten und Polizei. Es ist ein Video aufgetaucht, in dem zu sehen ist, wie ein uniformierter Polizist mit seinem gepanzerten Fuß einer am Boden liegenden, laut taz weiblichen Person gezielt und kräftig ins Gesicht tritt. Gut also, dass nicht nur die Polizei Kameras dabei hat.

update2: (3.5.10 21:50)
Der Videoclip vom offiziellen Nazifrei-Bündnis, erstellt von leftvision.de:
http://www.youtube.com/watch?v=hm1Vaa5V8P4


Siehe auch:
Bilderreihe bei standard.at: Der 1. Mai rund um die Welt (1.5.2010) und
über die Kritik von der Polizei an Wolfgang Thierse wegen seiner Beteiligung an der Sitzblockade ein N24-Kurzbeitrag (3.5.10) sowie
über den Umgang mit Thierse und anderen Nazi-Blockadeuren der taz-Beitrag Vier Mai-Krawallbrüder identifiziert (die sich laut darin zitiertem Anwalt nicht strafbar machten) (3.5.10).

My goEast 2010

Filmhaft


Ein Fazit fällt nicht schwer, mir gefiel mein erstes goEast sehr gut. Dass ich viele der Veranstaltungen (u.a. die Gesprächsabende mit den Regisseuren) nicht wahrnehmen konnte, spricht für ein breit gefächertes und dicht bepacktes Programm. Der Akzent, so Nadja Rademacher auf ihrer Abschlussrede, lag beim Film, und das war ausgezeichnet so.

Mit Francesca fiel leider ausgerechnet ein Film aus, auf den ich besonders gespannt war. Insgesamt ist das Festival aber mit nur zwei ausgefallenen Filmen durch die Aschewolke-Folgen relativ verschont geblieben.

Die Gewinner sind hier nachlesbar. Die wichtigste resümierende Feststellung ist für mich, dass das Festival wertvoll und notwendig ist. Die Filme bzw. ihre Präsentationen in Wiesbaden sind eine kulturelle Bereicherung, die von Vielen wahrgenommen wurde. Die Kinos waren sogar stellenweise überfüllt, leer blieben sie nie.


Hauptveranstaltungsort: das Wiesbadener Kino Caligari


Filme und ihre Macher in so geballter Ladung aus einem sonst eher vernachlässigten oder vorwiegend negativ wahrgenommenen Raum zu zeigen, das ist die selbst gestellte Aufgabe eines solchen Festivals. Das goEast in Wiesbaden setzte diese Aufgabe organisatorisch sehr gut um.

Zu einigen Filmvorführungen werden jährlich Schulklassen aus Wiesbaden, Frankfurt, Mainz und Umgebung eingeladen, die dann die Filme zu ermäßigten Gruppenpreisen sehen können. GoEast erfüllt also eine Art selbst gestellten eine Art Bildungsauftrag und sieht in Jugendlichen eine Zielgruppe.

Umso wichtiger ist wohl, dass ein solches kulturelles Ereignis nicht vollständig von den staatlichen und städtischen Institutionen aus den Augen verloren wird. Die Präsenz von Sponsoren aus der Privatwirtschaft ist enorm und finanziell sicher erfreulich, dass der Hauptpreisgewinner des goEast 2010 dann aber von einem Autohersteller-Vorstandschef geehrt wurde, zeigte, wie sehr Kultur zu privaten Marketingzwecken benutzt wird. Beim Cottbusser Festival 2009 wurde zum Beispiel vor jedem Wettbewerbsfilm der Werbespot eines Stromversorgers (zusätzlich zum Festivaltrailer) gezeigt, in Wiesbaden war das zum Glück nicht der Fall. Kommunen, Länder und Bund müssen dafür sorgen, dass kulturelle Projekte, wie das goEast Filmfestival in Wiesbaden, nicht völlig von Privatsponsoren abhängig werden.

Mehr Worte sollen nun nur noch über die einzelnen Filme verloren werden. Ein kurzer Beitrag zum Gewinner Quchis Dgeebi (Auf der Straße, Georgien 2010) ist bereits fertig, ebenso zu den Filmen Armin (Bosnien-Herzegowina, Deutschland, Kroatien 2007) und Vasha (Estland, Deutschland, Finnland 2009). Für mindestens folgende Filme werden kurze Beiträge in der nächsten Zeit folgen:
Constantin şi Elena (Constantin und Elena, Rumänien, Spanien 2009),
Herr Zwilling und Frau Zuckermann (Deutschland 1999),
Medalia de onoare (Ehrenmedaille, Rumänien, Deutschland 2009),
Stara škola kapitalizma (Die alte Schule des Kapitalismus Serbien 2009),
Świnki (Ich, Tomek, Polen, Deutschland 2009),
Zkaszka pro Temnotu (Das Märchen der Dunkelheit, Russland 2009).


Siehe auch:
Fazit zum goEast 2010 bei DRadio Kultur (→mp3/ Audio mit Player intern/ Text)
und weitere Artikel zum Thema Film bei sibiuaner