Schmutzige Füße

Deutsches Sanitärwesen in Gefahr


Erregt bei Henryk M. Broder Kopfschütteln: „Fußwaschbecken für Moslems“ – und zwar in den Sanitäreinrichtungen eines deutschen Gerichtsgebäudes. Und das, wo die Kruzifixe zunehmend aus den Gerichtssälen verschwinden und mit Portraitfotos von Horst Köhler ersetzt werden. Stimmt da was nicht in Deutschland?



Quelle: achgut.com


Herr Broder, dass Sie für Ihre Meldung offen neonazistische „Netzseiten“ bei Achgut als Quelle verlinken, spricht für Ihre Freude an tiefgehender Recherche. Aber um den Dampf aus der Nazi-Meldung rauszunehmen, müssen wir die Kirche im Dorf lassen: Die Repräsentationsfunktion eines Gerichtssaals ist von Bedeutung. Kruzifixe aus deutschen Sanitärräumlichkeiten müssen nicht entfernt werden und dürfen neben den Fußwaschbecken hängen bleiben.

update: (5.3.2010, 13:40)
Der Link zum Nazi-Blog „NID INFOBLOG“ wurde aus dem o.g. Artikel entfernt und durch Herrn Broder oder seine Kollegen mit einem Link zur RP-online ersetzt. Aber warum?


Screenshot der Urmeldung mit Anzeige des Link-Ziels


update2: (7.3.2010)
In einer e-Mail bat ich Henryk M. Broder, mir diese zwei Fragen zu beantworten:

“ … warum wurde der Link, also Ihr ursprüngliches Rechercheergebnis, stillschweigend durch einen anderen ersetzt? Daran schließt sich eine weitere Frage an: Kommt es öfter vor, dass Sie auf Internetseiten, die offen antisemitsch, rassistisch, antizionistisch und NPD-nah sind, als Ihre Quellen verweisen? …“

Herr Broder reagierte mit einer Mail, in der er klarmachte, dass er diese Fragen nicht beantworten möchte.

Broders Wir-Gut-Die-Böse-Bausatz

Eene meene Muh.


Wolfgang Benz und seine inzwischen alte Position zum Vergleich von Islamophobie und Antisemitismus gefällt Henryk M. Broder nicht. Anstelle einer Diskussion legt Broder einfach ein Gesetz fest: Die Ursache des Antisemitismus liegt bei den Antisemiten, aber die Quelle der Islamfeindlichkeit liegt im Islam. So einfach.

Laut Broder „ist der Antisemit sehr wohl in der Lage zu differenzieren, er bestimmt auch, wer ein guter und wer ein schlechter Jude ist.“ Stimmt. Und Broder bestimmt, wer ein guter und wer ein schlechter Mensch ist. Muslime sind schlechte Menschen und Islamfeindlichkeit ist eine Erfindung.

Das praktische an Broders Bausatz ist, dass er für jede beliebige Gruppe der Welt funktioniert: Die Einschätzungen der Anderen über die eigene Gruppe enttarnt man problemlos als Stereotype (wir sind die Guten) – während die eigene Einschätzung der anderen Gruppe auf der knallharten Realität basiert (die Anderen sind wirklich schlecht).

Und raus bist du.


update:
Gute, sehr detaillierte und lange Analyse der Broder-Benz-Diskussion im Kruppzeuch-Blog.

Broder’s tit-for-tat

Wenn es nach Henryk M. Broder ginge, hat die Schweiz nur den Anfang gemacht – für einen neuen Umgang mit „dem Islam“


Henryk M. Broder kommentiert das Minarettverbot in der Welt Online mit gewohnter Ironie (Einer muss den Anfang machen). Er hat recht, wenn er sagt, dass ein Volksentscheid sich nicht nach den Interessen anderer Länder zu richten hat. Aber viel weiter kann ich Broder nicht folgen.

„Moslems dürfen in Europa Gebetshäuser bauen, Christen in den arabisch-islamischen Ländern dürfen es nicht (von den Juden und anderen Dhimmis nicht zu reden). In Afghanistan und Pakistan droht Konvertiten die Todesstrafe, Touristen dürfen nach Saudi-Arabien nicht einmal Bibeln im Gepäck mitführen. Das sind Zustände, die nicht toleriert werden können.“ (Henryk M. Broder: „Einer muss den Anfang machen“, Welt Online)

Diese Zustände sind nach Broder’s Logik eine gute Begründung für das Minarett-Verbot: Weil autoritäre und diktatorische Regime Andersdenkende verfolgen, müssen Muslime hier in Europa nach dem „tit-for-tat“-Prinzip behandelt werden.

„So wie zwischen den Regierungen Slots für die Fluggesellschaften ausgehandelt werden, werden jetzt auch „Landerechte” für den Bau von religiösen Einrichtungen vereinbart. Natürlich nicht im Verhältnis eins zu eins, aber grundsätzlich.“ (Henryk M. Broder: „Einer muss den Anfang machen“, Welt Online)

Hinter dieser Ironie verbirgt sich Broder’s Vorstellung einer homogenen „muslimisch-arabischen“ Welt, der es entgegenzutreten gilt. Nicht in einzelnen Menschen, sondern im Islam sieht Broder die Bedrohung. Und dieser Islam wird für Broder gleichermaßen von den Ahmadinedschads dieser Welt, wie von muslimischen Schweizern oder Flüchtlingen repräsentiert. Denn sonst würde auch Broder klar sein, dass ein Schweizer Minarettverbot die Diktatoren anderer Länder wohl kaum stört (oder eher freut).

„Wenn es in Bonn eine König-Fahd-Akademie geben kann, die nicht der Schulaufsicht untersteht, muss es in Riad oder Jedda eine Evangelische, eine Katholische oder eine Akademie für Theorie und Praxis des Atheismus geben können.“ (Henryk M. Broder: „Einer muss den Anfang machen“, Welt Online)

Ist Broder nun dafür, dass verschiedene Religionen an einem Ort ihre Repräsentationsbauten haben sollen oder dagegen? Ist Broder nun für religiös-differenzierte Bildung, also muslimische neben christlichen und jüdischen Einrichtungen, oder dagegen? Seinem Text nach zu urteilen hat er keinen klaren Standpunkt, sondern einen Erziehungsauftrag gegenüber dem „Kollektiv der Muslime“. Broder möchte endlich ein bisschen mehr von der Intoleranz diktatorischer Regime als eigenen Maßstab nehmen, um den Muslimen ein Zeichen zu setzen. Das ist Broder’s tit-for-tat. Wie gesagt, nicht eins zu eins, für die Wiedereinführung der Todesstrafe wird Broder nicht sein. Aber mit ein bisschen Minarettverbot hier und da, meint er, könnte man die „arabisch-muslimische Welt“ schon mal provozieren.

Bei allen vermeintlichen und tatsächlichen Werten Europas, sie werden nicht bewahrt, indem man die eigene Intoleranz an die anpasst, die man anderen vorwirft.