Die Opferrolle

Sie fallen „vor allem durch Betteln, Scheibenwischen und Prostitution“ auf.


„Wieder ist die Debatte über Roma entbrannt“ weiß der Tagesspiegel, dessen Autor Peter Knobloch in derselben Zeitung unter dem Titel „Machen es sich Roma in der Opferrolle bequem?“ seinen Beitrag dazu leistet.


Screenshot von tagesspiegel.de „Machen es sich Roma in der Opferrolle bequem?

Ausgangspunkt ist Berlin Kreuzberg. Wir Lesenden erfahren, dass mehrere EU-Bürger/innen derzeit im Görlitzer Park obdachlos leben und dass es sich dabei um ein europaweites Problem handele. Der Autor thematisiert in seinem Artikel nicht etwa Obdachlosigkeit oder europaweit wachsende Armut, er thematisiert Roma. Über diese weiß er zu berichten, dass sie eine enorm große Parallelgesellschaft in Europa bilden. Was er mit dem Begriff „Parallelgesellschaft“ meint und woher er seine Erkenntnis hat, verrät der Autor nicht. Uns Lesenden wird dafür der Eindruck vermittelt, tschechische, mazedonische, rumänische, kosovarische, kroatische, slowakische, ________, ________, (…) Roma würde in irgendeiner Form eine gemeinsame „Gesellschaft“ bilden. Dabei trifft das in der vom Autor formulierten Verallgemeinerung nicht mal auf Roma eines einzigen Landes zu. Die einzige Gemeinsamkeit vieler Roma besteht wahrscheinlich in ihren Ausgrenzungserfahrungen.

Der Autor weiß in seinem Beitrag zur „Debatte“ des weiteren zu berichten:

„Dass Roma vor allem durch Betteln, Scheibenwischen und Prostitution auffallen, verdeutlicht aber eines: Viele haben sich mit ihrer Stellung am Rand abgefunden und scheinen es sich in ihrer Opferrolle bequem zu machen.“

Wenn Knobloch weiß, wodurch Roma (also mehrere Millionen von Menschen, zusammengefasst unter einer ethnischen Bezeichnung) „vor allem auffallen“, dann würde mich konsequenterweise interessieren, wodurch zum Beispiel Koreaner/innen, Schwed/innen, Brasilianer/innen, Araber/innen, Jüdinnen und Juden, Engländer/innen, Deutsche oder Russinnen und Russen und viele weitere „vor allem auffallen“.

Dann bringt der Autor das vielgenutzte Instrument „Opferrolle“ zum Einsatz. Sie funktioniert für alle diskriminierten und ausgegrenzten Menschen und dient als Zuschreibung aus der privilegierten Außenperspektive, um die Verantwortung für einen gesellschaftlichen Missstand auf die von dem Missstand Betroffenen abzuschieben. Interessant ist, dass die „Opferrolle“ in der Überschrift noch ein Fragezeichen trägt und wenig später vom Autor schon konstatiert wird, dass es sich „viele“ Roma in dieser bequem zu machen „scheinen“. Vom Zustand einer (zunächst offenen) Frage hat die „Opferrolle“ damit den Status einer unbelegten Eindrucksbeschreibung erhalten. In der nächsten Zeile wird sie dann schließlich zum unumstößlichen Fakt:

„Aber wie kriegt man sie aus dieser Rolle?“

Welche konkreten Fälle der Autor mit der „Opferrolle“ überhaupt verbindet, verrät er uns ja nicht, so wird wohl auch seine Frage unbeantwortet bleiben. Dafür verrät er uns etwas vom Verhältnis zwischen Subjekt und Objekt: Er fragt wie „man sie“, also die „vielen“ der Millionen von Roma, zu etwas „kriegt“, und zwar heraus aus der „Opferrolle“. „Man“ (vermutlich einschließlich Herrn Knobloch) = Subjekt, die Roma („aus dieser Rolle gekriegt“ werden) = Objekt.

Vielleicht kommen wir dem eigentlichen Problem näher, wenn wir Menschen nicht zu Hunderttausenden und Millionen in nationale, religiöse, ethnische (…) Gruppen einteilen, um dann über diese Gruppen irgendwelche Vermutungen anzustellen. Das würde vielleicht den Aufwand bedeuten, dass wir Menschen plötzlich als Individuen wahrnehmen. Dann würden sich natürlich keine verallgemeinernden Aussagen über andere Menschen mehr treffen lassen oder diese kollektiv zu etwas „gekriegt“ werden müssen wie Objekte, aber stattdessen könnten wir ja unsere kritische Energie einsetzen, um mal auf uns selbst und unser eigenes Umfeld zu schauen. Und wenn wir tatsächlich Interesse daran hätten, dass Menschen ihre Probleme loswerden, dann suchen wir lieber keine Erklärungen in ethnischen oder kulturellen Einteilungen, sondern gehen auf die konkrete Person zu und geben ihr die Chance, als Individuum von uns wahrgenommen zu werden.

Oh, einen Menschen als Individuum wahrnehmen. Klingt ganz schön idealistisch. Aber nicht, weil wir weißen europäischen männlichen Traditionsdemokraten alle sofort zustimmen würden, sondern weil wir gleichzeitig genau wissen, wie das in der institutionalisierten Realität aussieht. Sich im alltäglichen Bürokratiewust zurechtzufinden fällt vielleicht sogar uns Privilegierten schwer. Von europaweitem institutionalisierten Rassismus (Studie der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte 2009, pdf) bekommen die meisten von uns jedenfalls nichts zu spüren.

Nichts berechtigt uns, darüber zu urteilen, wie andere Menschen rassistische Diskriminierung und Ausgrenzung erleben. Im Gegenteil, wir könnten anderen Menschen helfen, indem wir sie über ihre grundlegenden Rechte aufklären. Zum Beispiel wenn eine „Handreichung“ des Berliner Senats über Rechtsgrundlagen zum „Aufenthalt von Roma und europäischen Wanderarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern“ derart fehlerhaft zu sein scheint, dass der Flüchtlingsrat Berlin ein mehrseitiges „Merkblatt mit Korrekturen zur Rechtslage für EU-Bürger/innen“ aus Bulgarien und Rumänien (pdf) herausgeben muss. (Die ursprünglich kritisierte Version des Merkblatts ist vom „offiziellen Hauptstadtportal“ verschwunden, kann aber hier als pdf nachgelesen werden.)

Konkret heißt das ja einfach nur, dort anzusetzen, wo wir Defizite in den Strukturen unserer „eigenen“ Gesellschaft sehen („eigen“ wie das „man“ im Sinne von Herrn Knobloch, wenn er zwischen „man“ und „Roma“ unterscheidet). Dann sehen wir mitunter plötzlich, dass die einen oder anderen Eltern aus Rumänien oder Bulgarien ihre Kinder gar nicht wegen fehlender Lust von der Schule fernhalten, sondern weil deutsche Behörden teilweise eine (von der UN stark kritisierte) Regelung anwenden, laut der Kinder ohne Wohnsitz in Deutschland nicht eingeschult werden dürfen.

Aufzählungen eines Journalisten, womit ihm Roma „auffallen“ und wo er sie hinkriegen will, bringen mir als Lesendem ja überhaupt nichts. Und die „Opferrolle“ ist mir vor allem eine Rolle zu rückwärts.

Neuköllner-Roma-Schau bei Spiegel TV

[Trigger-Warnung: Hinweise auf die rassistische Fremdbezeichnung von Rom_nija]

Dem Elend auf der Spur: „Sprecht ihr Deutsch?“


Spiegel TV sendete vor einiger Zeit einen Beitrag von Georg Heil unter dem Titel »Einwanderer-Elend: Die neuen „Gastarbeiter“ vom Ost-Balkan«. Die 7:42 Minuten gibt es wahlweise bei Spiegel Online oder bei Youtube zu sehen (die embedd-Funktion ist leider deaktiviert).

Die im Titel versprochene Auseinandersetzung mit „Elend“ suchte ich in dem Filmbeitrag vergebens, von Fragen nach den Ursachen ganz zu schweigen. Stattdessen stelle ich mir einmal mehr die Frage, welchen Gesetzmäßigkeiten deutscher Journalismus folgen kann, wenn über Menschen aus den zwei jüngsten EU-Mitgliedsländern berichtet wird.

„[***]nerfolklore, Scheibenputzen oder bloßes Betteln – viele Roma verdienen so auf den Berliner Straßen ihr Geld.“

Diese als Information verpackte vage Vermutung (Welche seriösen Zahlen gibt es und was ist „viele“?) ist die Einleitung, die mit diesen Bildern geschmückt wird:


Screenshots von Spiegel TV Magazin Bericht „Einwanderer Elend…“

Wir sehen gefilmte Menschen, die nicht als Individuen erkennbar sind, sondern nur der symbolartigen Bebilderung dienen. Diese Einstimmung ohne informativen Mehrwert knüpft an verbreitete Ahnungen Vorurteile über Roma an.

Um diese Ahnungen Vorurteile zum Einkommenserwerb der Roma erfolgreich zu multiplizieren, lässt der Beitrag Fakten unter den Tisch fallen. Im Print-Spiegel erschien kurze Zeit vor dem Spiegel-TV-Bericht ein Artikel von Özlem Gezer über die Ausbeutungsverhältnisse auf deutschen Baustellen – mit einer unmissverständlichen Überschrift: Legale Sklaverei (23.05.2011). Warum holte sich Heil für seinen TV-Bericht zum gleichen Thema bei Print-Kollegin Gezer keine Inspiration in Sachen Recherche? Gerade weitere Recherchen wären notwendig, um die Zustände im deutschen Pflegesektor, in der Gastronomie, im Hotel-, Reinigungs- sowie eben im Baugewerbe ans Licht zu holen. Das ließe sich natürlich nicht so leicht auf Neuköllns Straßen abfilmen, wie die symbolisch aneinandergereihten Menschen-Beispiele in dem Spiegel-TV-Beitrag.

Die Neuköllner Behörden hätten „große Mühe, Gesundheitsschutz und Schulpflicht in den Hinterhöfen der Roma-Häuser durchzusetzen“, heißt es weiter. In Anwesenheit des Kamerateams äußert der Neuköllner Stadtrat dann prompt die Idee, den Sperrmüll durch die Müllabfuhr mal beseitigen zu lassen. Warum diese spontane Idee den Behörden nicht schon früher kam, welche Rolle die Hausverwaltung hier spielt oder wie lange die Mülltonnen schon überfüllt sind, wird in dem Beitrag nicht gefragt. Stattdessen wird unspektakulär aussehender Müll als Kulisse unter der Überschrift „Roma-Haus-Hinterhof“ spektakulär inszeniert. Die kommentierende Stimme aus dem Off kann überdies mit der Information aufwarten, dass „Mülltrennung“ für die „Neu-Einwanderer bislang noch ein Fremdwort“ sei. Nicht nur das – die Stimme aus dem Off weiß es sogar für den eigenen Beitrag zu interpretieren, wenn Menschen einfach keine Lust auf ein Kamerateam in ihrem Hinterhof haben:

„Diskussionen über Abfallentsorgung scheitern bereits an der Kontaktaufnahme“


Screenshot von Spiegel TV Magazin Bericht „Einwanderer Elend…“

Aber wenn erwachsene Menschen sich nicht im deutschen Fernsehen vorführen lassen wollen, gibt es andere Möglichkeiten, das journalistische Werk über „Roma-Häuser“ mit Bildern zu füllen: „Sprecht ihr Deutsch?“, fragt der interessierte Spiegel-TV-Onkel die anwesenden Kinder. Ja genau, von kleinen Kindern auf einem Berliner Hinterhof sammelt ein deutscher Journalist Informationen zum Thema „Gastarbeiter-Elend“. Ein sensibles Thema braucht eben einen sensiblen Journalisten. Eine Frau, die es offenbar nicht gern sieht, dass die Kinder von unbekannten Erwachsenen gefilmt werden, ruft unzufrieden in den Hof, worauf Spiegel TV mit der Kamera aufs Fenster draufhält – samt Frage an das kleine Mädchen: „Ist das deine Mutter?“. Nicht die gefilmten Menschen, sondern die unverhüllte Respektlosigkeit des Spiegel-TV-Teams ist das eigentliche „Elend“ in diesem Bericht.

Danach geht es weiter mit „Besuch von Berliner Beamten“, den „die Hausbewohner vom Balkan regelmäßig“ bekämen. Gemeint sind Polizeibeamte, die wegen eines Überfalls ins „Roma-Haus“ gerufen worden seien. Alles, was das TV-Team filmen kann, sind Bluttropfen im Hausflur und die Aussage eines „Anwohners“ – der nicht weiß, was passiert ist. Für siebeneinhalb Minuten Boulevardfernsehen ist das allemal ausreichend, für einen Spiegel-TV-Bericht über Roma auch. „Kommt sowas öfter vor?“ fragt der Journalist. „Das hier die Polizei steht? Ja!“ antwortet der „Anwohner“.

Warum die Polizei öfter vor diesem oder anderen Häusern in Neukölln steht, sagt der Anwohner nicht. Das wäre der Moment, in dem Spiegel TV für eine ausgewogene Berichterstattung darauf hinweisen könnte, warum die Polizei in Neukölln auch kommen muss: Zum Beispiel für Ermittlungen der Mordkommission im Falle vorsätzlicher Brandstiftung in einem Neuköllner Mietshaus, in deren Folge eine dreiköpfige Familie aus Bosnien samt Baby ums Leben kam. Oder weil es im Zuge sogenannter „Ausländer-Raus“-Kampagnen Autonomer Nationalisten immer neue Anschläge auf Neuköllner Projekte gibt. Aber diese Gründe, aus denen die Polizei in Neukölln kommen muss, lässt Spiegel TV unerwähnt. Es muss eben Prioritäten geben, wenn mit verallgemeinernden Bezeichnungen wie „Bewohner vom Balkan“ und „Roma-Haus“ Journalismus gemacht wird.

Für eine Reportage über Roma in einem „Roma-Haus“ mit „Kontaktaufnahme“-unwilligen Roma sind auskunftsfreudige „deutsche Nachbarn“ wichtig für den Informationswert. Der deutsche Informant spricht gern in die Kamera: Wie groß die Wohnung der Roma ist, wie viele Leute dort leben und lebten, alles, was einen authentischen Elendsbericht über „Gastarbeiter“ ausmacht.

Die einzig interessante Aussage, nämlich dass die Roma zwischen 25 und 45€ pro Quadratmeter Miete zahlen würden, nimmt das TV-Team nicht etwa zum Anlass, um sich mal bei der Hausverwaltung nach derart astronomischen Preisen trotz schlechter Müllabfuhr zu erkundigen. Dafür begleitet „Z***folklore“ die szenischen Übergänge der Kurzdoku bei Kamerafahrten durch die Karl-Marx-Straße.

Dann kommen die guten Beispiele. Schüler_innen einer Sprachschule dürfen dem Kamerateam auf die Frage antworten, warum sie nach Deutschland gekommen sind. Die Frage dürfte ihnen ja von der Passkontrolle schon bekannt sein. Das Reporterteam war derart beeindruckt von dem Besuch im Neuköllner Deutschkurs, dass es im Kommentar heißt:

„Der Wille zur Integration in die Gesellschaft ist bei den jungen Rumänen bereits ausgeprägt.“


Screenshot von Spiegel TV Magazin Bericht „Einwanderer Elend…“

Die eingangs gezeigte Frau, die sich nicht neben Mülltonnen filmen lassen wollte, wurde als Kommunikationsverweigerin dargestellt, während dann jungen Schüler_innen in einem Deutschkurs der Wille zur Integration attestiert wird. Aus der erhabenen Position hinter der Kamera werden Menschen in deutsche Schwarz-Weiß-Schablonen gepresst, über deren Hintergründe der gesamte Beitrag kein bisschen Information liefert. Diese Menschen werden als symbolische Gruppenvertreter_innen instrumentalisiert, um auf billigste Weise schmutzige Hinterhöfe gegen saubere deutsche Schulen ins Bild zu setzen, um integrationsunwilligen „Balkan-Bewohnern“ später „integrationswillige junge Rumänen“ gegenüberzustellen.

Als dann ein Bulgare über Lohnbetrug bei türkischen Baufirmen in Berlin berichtet, vergisst Spiegel TV wieder journalistische Ergänzungen: Hinter jedem ausbeutenden ausländischen Subunternehmen muss ein deutscher Konzern als Auftraggeber stehen (weil das gesetzlich vorgeschrieben ist), der davon enorm profitiert. Warum verschweigt Spiegel TV die deutschen Strukturen hinter dem vorgeführten Beispiel von Ausbeutung?

Einen wesentlichen Hinweis zur journalistischen Arbeitsweise in diesem Spiegel-TV-Bericht gibt es am Ende. Wir befinden uns wieder auf dem Hinterhof vom Anfang und hören als Kommentar:

„Einige deutsche Bewohner fühlen sich durch die neuen Nachbarn vor allem im Badespaß gestört.“

Dann sehen wir einen Mann, der in dem Hof erbost einer Badewanne entsteigt. Seine deutlichen Worte lauten allerdings:

„Kamera weg! Nein, ick will nich in’s Fernsehen!“

Dieser Mann fühlt sich in seinem Badespaß keinesfalls von irgendeinem Nachbarn, sondern eindeutig durch das anwesende Kamerateam von Spiegel TV gestört. Das wird dann einfach mit dem Kommentar unterlegt, die „neuen Nachbarn“ seien das Ärgernis für den Mann – mit anderen Worten: Die Roma sind schuld. Was nicht passt, wird passend gemacht.

Ein Stimmungsbild zu dem Thema findet sich in den Kommentaren unter der Youtube-Version des Beitrags.


Hinweis: Das dROMa-Blog hat einen kurzen Artikel zu einem britischen Medienprojekt, das für den verbreiteten Rassismus gegenüber Roma in den Medien sensibilisieren will: Auf der Seite jewify.org wird der Begriff „gypsy“ oder „traveller“ mit „jew“ ersetzt. Mehr: Was, wenn sie Jude gesagt hätten?

Volksgruppenwandern mit der taz +2updates

Wanderausflug


„Abschiebesaison in NRW hat begonnen“ titelt Pascal Beucker in der taz kritisch. Ein Foto von drei Frauen bringt die Fakten (in der online-Ausgabe) auf den Punkt: „Tränen in NRW: Wandervolksgruppen droht die Abschiebung.“ Für Tränen lässt das Agenturbild genügend Interpretationsraum, die Wanderstöcke der drei traurigen Frauen passten nicht mehr aufs Foto. Die Kernkompetenz in der Frage, was Wandervolksgruppen überhaupt sind, sieht die taz bei ihren Leser_innen: Dazu gibt es Bibliotheken gefüllt mit Büchern.


Quelle: taz.de – Abschiebesaison in NRW hat begonnen

Das Wandern ist eine wesentliche Eigenschaft der Wandervolksgruppen, ja es ist Teil ihrer Kultur. Während wir Sitz-, Steh- Warte- und Verharrvolksgruppen eher die Bewegung meiden, lassen sich Wandervolksgruppen in Spazier-, Lauf- oder Fliehvolksgruppen feiner unterscheiden, je nach Ausprägung und Motiv ihrer Wanderkultur. Die taz sensibilisiert uns für das Problem der Abschiebung, für das der Wandervolksgruppenhintergrund dieser Menschen elementar ist. Der deutsche Zentralrat der Rastlosen und Wandervolksgruppen, den die taz für ein Interview leider nicht gewinnen konnte, hat bereits protestiert gegen die Abschiebungen als Zeichen einer „deutschen Kultur der Ruhe“.

update 7.4.2011:
Gestern antwortete mir der Autor des taz-Artikels Pascal Beucker in einer Mail und hinterließ zudem hier als Kommentar, dass die Bildunterschrift samt Begriff „Wandervolksgruppen“ in der online-Ausgabe nicht von ihm stamme, er den Begriff „aus gutem Grund nicht“ verwende und dieser in der Print-Ausgabe der taz auch nicht auftauche.

update 2 (1.5.2011):
Die online-Redakteure haben das Wort aus der Bildunterschrift am 13.4.2011 entfernt, ohne dies weiter kenntlich zu machen. Am selben Tag bekam ich aus der online-Redaktion eine Mail, in der die Reaktion die Verwendung des Begriffs „Wandervolksgruppen“ als Fehler bezeichnet und sich dafür bei mir entschuldigt.


Erhellend über das Nomaden-Motiv: Brigitte Mihok & Peter Widmann – Sinti und Roma als Feindbilder.

Internationaler Tag der Roma 2011 – Kulturwoche in Berlin

Einladung


Zum Internationalen Tag der Roma (8.April) in diesem Jahr lädt der Berliner Amaro Drom e.V. zu einer Kulturwoche vom 2. bis 9. April ein:

Wir nutzen diese Woche, um das Thema Roma und die vielfältigen Aktivitäten junger Roma und Nicht-Roma in Berlin sichtbar zu machen und unsere Vorstellungen und Anliegen öffentlich zu präsentieren.

Ausführliche Informationen bietet der Flyer. Die Vorderseite gibt es hier und die Rückseite mit den einzelnen Programmpunkten ebenfalls.

Bürgermeister Roms wegen fahrlässiger Tötung angezeigt

Bei einem Brand in provisorischen Behausungen an Roms Stadtrand starben vier Kinder. Dem Bürgermeister Giovanni Alemanno wird nun vorgeworfen, Risiko-Berichte zur akuten Brandgefahr nicht ausreichend beachtet zu haben.


Am 6.Februar 2011 verbrannten vier Kinder in einem Slum-artigen Lager am Rande der italienischen Hauptstadt Rom. In dem Lager sollen rund 14 Menschen aus Rumänien, offenbar mehrheitlich Roma, wie der Standard berichtete, gelebt haben. Die obdachlosen Einwanderer waren laut Standard zuvor aus einem anderen ungenehmigt errichteten Lager von den Behörden vertrieben worden – während ihnen gleichzeitig Unterkünfte versprochen worden sein sollen.

Der Bürgermeister Roms Giovanni („Gianni“) Alemanno geriet nach dem Tod der Kinder unter Druck, ihm wurde vorgeworfen, die menschenunwürdigen Lebensbedingungen der Einwanderer zumindest billigend in Kauf genommen zu haben. Nun wird er sich auch vor Gericht dafür verantworten müssen: Wie hotnews.ro und adevărul.ro heute berichteten, wurde Alemanno wegen fahrlässiger Tötung angezeigt. Das verkündete gestern der grüne ehemalige Stadtverordnete („senator“) in Rom Luigi Manconi als Wortführer der Anzeige auf einer Pressekonferenz seiner NGO A Buon Diritto. Dabei präsentierte Manconi fünf amtliche Risiko-Berichte von der Verwaltung und Polizei Roms aus dem Zeitraum Mai bis Dezember 2010, in denen auf die Situation in den Slum-ähnlichen Lagern offenbar klar hingewiesen wird und so u.a. auch eine akute Brandgefahr seit Monaten bekannt gewesen sein soll. In diesen fünf Berichten sieht Manconi die Grundlage für seine Anschuldigung der Mitschuld des Bürgermeisters Alemanno am Tod der vier Kinder.

In den Behausungen, die aus leicht brennbarem Material bestehen, ergibt sich eine akute Brandgefahr logischerweise insbesondere im Winter, wenn unzureichende Heizmöglichkeiten zur Erzeugung von etwas Wärme genutzt werden. So vermuteten Feuerwehrmänner laut Standard auch, dass der tödliche Brand von einem kleinen Feuer in Blechkanistern ausgelöst wurde. Damit wäre genau das Szenario eingetroffen, vor dem der Bürgermeister mit den städtischen Risiko-Berichten hätte gewarnt werden sollen. Sein Pressesprecher soll zu Alemannos Verteidigung bereits gesagt haben, die Berichte hätten sich auf andere Lager bezogen und nicht konkret auf dieses, in dem jetzt die Kinder starben.