goEast-Gewinner 2010 aus Georgien

Levan Koguashvili nimmt die goldene Lilie mit


Die Gewinner in allen Kategorien stehen fest. Der Hauptpreis für den Film Quchis Dgeebi (Auf der Straße, Georgien 2010) von Levan Koguashvili ist nachvollziehbar, der Film gehörte auch für mich zu den besten gezeigten (hier der Trailer).

Die Bühne ist hier eine kleine Stadt Tiflis, oder besser einige Ecken von Tiflis. Hier spielt sich der Hauptteil des Lebens der Figuren ab, mit alltäglichem Drogenkonsum und -verkauf. Die oft langen und feststehenden Kameraeinstellungen lassen die Figuren tatsächlich geradezu auf Bühnen auf- und abgehen, wobei Atmosphäre und Spiel mit ihrem dokumentarischen Charakter für große Authentizität sorgen. Der Ort ist ein vertrauter für den Regisseur, wie dieser selbst sagte, und das merkt man.

Wenn man sich einlässt, ist man als Zuschauer schnell mitten im Alltag der Hauptfigur, die man durch einen groben Querschnitt der georgischen Hauptstadt begleitet. Jugendliche, die Grenzen überschreiten wollen, korrupte Polizisten, Drogenhandel, Armut, Absturz und Hoffnungslosigkeit, das sind alles keine Motive, die nur in Georgien zu finden sind. Im Gegenteil, es wird die Verbreitung dieser Probleme und damit die Relevanz ihrer Thematisierung deutlich. In Levan Koguashvilis Film werden sie aus einer Perspektive umgesetzt.

Dramaturgische und ästhetische Umsetzung machen den Film besonders. Sicher auch das fehlende Happy End. Neben den atmosphärischen Straßenszenen beeindruckten mich die Bilder aus den Innenräumen. Begegnungsstätten, Lebensorte, Institutionen, Treffpunkte. Und die ständige Nähe zu den Figuren.



Vor einer Entscheidung


Ich verließ das Kino nach dem Film ohne Mitleid für irgendeine der Figuren. Sie sind keine Opfer, sondern alle willensstarke Geister. Die Stärke einiger unter ihnen zeigte sich in ihren Zweifeln. Und trotzdem sind keine „letzten Aufrechten“ zu sehen, im Gegenteil, jeder hat Fehler.

Ausgehend von der Darstellungsmenge sind weibliche Figuren unterrepräsentiert. Es ist ein Film über Männer. Und von der Ausdruckskraft eben dieser Männer lebt der Film. Von der Intensität der Figuren, ihrer Menschlichkeit, und zwar in vielerlei Hinsicht – in ihrer Entwicklung, in ihren sozialen Hintergründen, in ihrer Interaktion. Genau. Der Film lebt.


Siehe auch:
Rezension dieses Films von Ciprian David bei negativFilm
und weitere Artikel zum Thema Film bei sibiuaner.