Signal, 23.6.2009

Literatur im Austausch, Architektur im Kontrast und Bulgarischer Film in Berlin


Beispiele rumänischer Gegenwarts-Baukunst präsentieren fast zeitlgeich Kurt F. de Swaaf bei Spiegel Online und Martin Woker bei der NZZ online: de Swaaf liefert Hintergründe zu Ceauşescus „monumentalen Prunkbauten“ (Das finstere Kalkül Ceausescus), während Woker ein Buch vorstellt, mit dem man diesem „städtebaulichen Albtraum der Ceausescu-Ära“ entkommen kann (Schillernde Paläste).

„Einen besonderen Fall von Intertextualität“ hat Renate Lachmann anhand der Spuren des Werks von Bruno Schulz in Danilo Kišs „Bašta, pepeo“ (Garten, Asche) ausgemacht und stellt diesen am Donnerstag, 02.07.2009, 18 Uhr c.t. am Institut für Slawistik der HU Berlin vor. (Dorotheenstraße 65, Raum 5.57, 5. Etage, Veranstaltungskalender der HU-Slawistik)

„Ausgerechnet Bulgarien“, sagt Das Arsenal – Institut für Film und Videokunst e.V. Berlin (Potsdamer Str.2) und hat darum dieser Tage einige bulgarische Filme im Programm.

Signal, 11.5.2009

Den Roma reicht es, einigen serbischen Fabrikarbeitern auch und an der HU ist (die Region) Moldau Thema


„Dosta“ – „Es reicht“, ist das Signal, das eine Kampagne für die europäischen Roma aussendet und dank arte von Bulgarien aus in unsere Fernsehapparate gesendet wird. Die taz sendet Protestsignale verzweifelter serbischer Fabrikarbeiter, die eigentlich für die serbische Regiernug gedacht sind, in die deutsche Druckpresse und an der Humboldt Universität wird die Peripherie Europas, die Region Moldau, ins Licht gerückt.

Dokumentation Die Stadt der Roma von Frédéric Castaignède, am Samstag, 23. Mai 2009 bei arte um 23:05 Uhr. Die Programmankündigung klingt interessant, aber „Dosta“ ist nicht Rumänisch, sondern Romani.

Hungerstreik in Novi Pazar, von dem berichtet Andrej Ivanji in der taz. Die Verzweiflung der Fabrikarbeiter wird symbolisch für die Situation vieler Menschen im Lande beleuchtet. Wenn Arbeiter zu Kannibalen werden

Buchpräsentation und Vortrag am Mittwoch, 13. Mai 2009 um 19:00 im Restaurant „Cum laude“ (Westflügel der Humboldt-Universität): Markus Bauer ist hier zu hören, nämlich unter der Überschrift „Hinter den Karpaten – zur kulturellen Topographie der Moldau“. (Mehr Infos bei der Deutsch-Rumänischen Gesellschaft Berlin, unter Veranstaltungen.)

Signal, 3.5.2009

Rumänische Nostalgia auf Deutsch, zwei Mal goEast, Bukarester Beziehungskiste im Fernsehen und musizierende Roma zu Besuch


Das Signal von heute sind die medialen Reaktionen auf Kunst aus Südosteuropa (Radio über Literatur und Printmedien über Film) sowie rohe Informationspakete über die Ausstrahlung eines Films im hiesigen TV und über die Ausstrahlung von tanzbarer Musik in verschiedenen Städten.

Rumänische Literatur auf Deutsch: Die neu überarbeitete Übersetzung Gerhardt Csejkas von Mircea Cărtărescus Erzählband Nostalgia war im April Anlass für zwei Kurzberichte bei Deutschlandradio Kultur und wurde zum Fazit Ein unverbesserlicher Träumer sowie in der Radiofeuilleton-Kritik Strömende Traumsucht verarbeitet. Von Cărtărescu war zuletzt 2008 auf Deutsch Warum wir die Frauen lieben erschienen.

Kinokritik zu einem serbischen und einem rumänischen Film: Das Wiesbadener Filmfestival goEast ist zu Ende und sorgt für positive Resonanz: Die Frankfurter Rundschau sieht kein Ende der rumänischen Kino-Welle und lobt den in Wiesbaden präsentierten Film „Das glücklichste Mädchen der Welt“ von Radu Jude (Die Fliegen auf der Mauer). Der Freitag hebt den Regisseur Boris Mitić mit seinem Werk „Auf Wiedersehen, wie geht es euch?“ hervor (Geschichtsverständnis zum Lachen).

Deutsch-rumänischer Film Offset am 10. Mai (Sonntag) um 23:50 bei ARD: Der in Deutschland gefloppte Film von Didi Danquart ist Geschmackssache. Trotz seiner Tendenz zum Osteuropa-Kitsch berührt der Film mindestens im Ansatz die Probleme eines „europäischen Zusammenwachsens“ und zwischenmenschlicher Ideale, Handlungsort ist Bukarest. Der Stoff ist etwas holprig umgesetzt, dafür glänzen Katharina Thalbach als wunderbar authentische Rumänien-Touristin und Răzvan Vasilescu (Balanţa, California Dreamin‘ – Nesfărşit) als verbitterter von Eifersucht gekränkter Deutschen-Hasser. Die für die männerherzenverdrehende Hauptfigur zuständige Alexandra Maria Lara bleibt in ihrer typischen Rolle leider etwas farblos, dafür spricht die gebürtige Bukaresterin zum ersten Mal in einem Kinofilm Rumänisch.

Musik von Roma-Kapellen: Die rumänische Fanfare Ciocărlia und die Taraf de Haidouks touren im Sommer durch Deutschland. Die wichtigsten Informationen dazu hat „die Rumänien-Seite“ Rennkuckuck: Termine und Infos zu Fanfare sowie Termine und Infos zu Taraf.

Literarische Inspiration und Diplomatie

Die Begeisterung über Dragan Velikićs neuen Roman Das russische Fenster bleibt aus.


Dem Schriftsteller Dragan Velikić wurde am Freitagmorgen bei Deutschlandradio Kultur für seinen neuen Roman „Das russische Fenster“ ein nur mittelmäßiges Zeugnis von Martin Sander ausgestellt. Bereits Michael Martens äußerte sich im Dezember 2008 in der FAZ nicht positiv über den Roman. Noch auf der Frankfurter Buchmesse im Oktober 2008 übte sich Barbara Wahlster in freundlicher Zurückhaltung gegenüber dem Autor, den Sie persönlich auf dem „Blauen Sofa“ zu einem Fernsehinterview in deutscher Sprache begrüßen durfte – ihre Fragen enthielten zwar Skepsis, aber keine derart direkte Kritik, wie sie von Martens und Sander zu vernehmen ist.

Dafür äußert Velikić in diesem Gespräch einige Eckpunkte seiner Ansichten über Literatur und Politik, die in den letzten Jahren in der deutschen Medienwelt etwas rar geworden sind. In den 90er Jahren war er bekannt für seine Kritik am „westlich“-medialen sowie NATO-ischen Kriegswahn gegenüber Serbien, wobei er selbst sich als Kritiker der Milošević-Regierung sah. In FAZ, FR und ZEIT wurde ihm Platz gegeben, sich auch gegenüber der tendenziös berichtenden europäischen und insbesondere deutschen Presse kritisch zu äußern.

Sein Roman „Der Fall Bremen“ gibt einen Eindruck von dem Europa, das für Velikić Bedeutung hat, jenseits von Nation und Staatsterritorium. Hier zeichnet er einen fragmentierten Raum ohne Rahmen, der sich aus den individuellen Lebensentwürfen und Gedankenwelten seiner Figuren zusammensetzt. Der Roman gibt keine Antworten, er fragt. Ohne Nostalgie und verklärte Visionen eröffnet sich den Lesern die mentalte Reise ins „Mögliche“.

Ich bleibe neugierig, was mir „Das russische Fenster“ für einen Ausblick gewähren wird, wenn nun auch der Vorgeschmack mit den vorhandenen Buchkritiken etwas getrübt wurde. Vielleicht ist also doch wichtig, dass dieser Roman Velikićs erster ist, den er während seiner Amtszeit als serbischer Botschafter in Österreich schrieb – Sanders Schlussworte sind jedenfalls: „Die Diplomatie mag der literarischen Inspiration nicht immer förderlich sein.“