„Z***“ holt UEFA-Pokal

Einmal mehr – hält „der Z***“ her.


Einige europäische Journalisten nutzen für die „Belebung“ der Sprache, insbesondere bei der Beschreibung anderer Menschen, ausgewählte Elemente einer Bildsprache, die an die alten, rassistischen Stereotype vergangener Jahrhunderte erinnert. Uwe Klußmann konnte es sich nicht verkneifen, den moldauischen Präsidenten Voronin mit einem „Z***baron“ zu vergleichen, um die „Clan“-artigen Verstrickungen und die Korruption ein bisschen ethnisch zu bebildern (Medien machen Moldau) und jetzt haut Michele Brambilla in der Sportredaktion des italienischen Il Giornale in die gleiche Kerbe:

„Mircea Lucescu, der 64jährige rumänische Z*** von der Reservebank, nimmt den Pokal mit nach Hause: Schachtar Donezk schlägt Werder Bremen und gewinnt den letzten UEFA-Cup.“

Weniger aufsehenerregend wäre der italienische Artikel (Coppa Uefa Lucescu porta lo Shaktar alla prima vittoria europea), wenn Mircea Lucescu tatsächlich ein Rom wäre. Denn dann ginge es „nur“ darum, ob er sich gefallen lassen möchte, von anderen als „Z***“ bezeichnet zu werden – da das aber nicht der Fall ist, geht es darum, dass die Bezeichnung „Z***“ einen konkreten Zweck erfüllt: Genau wie beim „Z***baron“ von Klußmann soll „der Z*** von der Reservebank“ Assoziationen beim Leser wecken, die allgemein beim Begriff „Z***“ vom Leser erwartet werden. Im Falle Lucescus wird darauf angespielt, dass dieser als Trainer mehrmals die Clubs wechselte und nun den Pokal „mit nach Hause nimmt“. Beide Artikelschreiber scheinen sich auf den rassistischen Instinkt ihrer Leser im Zusammenhang mit dem Wort „Z***“ zu verlassen, oder sind vielleicht gar mitverantwortlich, dass dieser erst animiert wird.

Screenshot Johann Heinrich Zedlers Universallexicon/ Wikipedia (gemeinfrei)

Das rumänische Nachrichtenportal hotnews.ro berichtet von der Empörung, die die Bezeichnung „Z***“ für Lucescu unter den Lesern des italienischen Blattes auslöste, sowie von einem Offenen Brief der rumänischen Botschaft an die Zeitung. Für dieses offizielle rumänische Schreiben, in dem die rassistische und xenophobe Konnotation der Formulierung kritisiert wird, hat Michele Brambilla nach Angaben von hotnews.ro nur Zynismus und Ironie übrig, flankiert seine Sätze mit den Worten „liebe Freunde von der Botschaft“ und verweist reflexartig auf andere, die auch „Z***“ sagen.

Diejenigen, die ihre Sprache mit ethnischen Schubladen schmücken, berufen sich gern auf andere, die das auch tun, betonen ihre stets guten Intentionen und bewerten entgegnete Kritik als übertrieben. Diese Schutzhaltung, aber auch die Ignoranz gegenüber Minderheiten (seien sie ethnischer, religiöser, sexueller oder sonstwelcher Natur), sind symptomatisch für die Tradierung rassistischer und anderer Stereotype. Tabuisierung oder gar Verbote als Reaktionen auf derartige Entgleisungen in europäischen Medien sind Quatsch, stattdessen ist endlich die öffentliche Thematisierung von geduldetem Rassismus gegenüber Roma in der europäischen Presse nötig. Was hier in der Journalistensprache am Beispiel der „Z***“ zutage kommt, sind Mechanismen, die an anderer Stelle in Europa gern als „überwunden“ gefeiert werden.

Der europäische Rassismus ist nicht überwunden, wie der EU-Bericht über die Diskriminierung von Minderheiten kürzlich bewies (Vergessen in Europa). Die Roma brauchen kein Mitleid und keine Bewunderung, sondern Europa braucht eine ernsthafte, intensive Auseinandersetzung mit seiner Geschichte und den gesellschaftlichen Mechanismen der Ausgrenzung und Diskriminierung. Nur so könnte ein allgemeines Bewusstsein für Fälle rassistisch konnotierter Pressesprache entstehen – bis dahin aber muss auch für große europäische Medienhäuser „der Z***“ weiter herhalten.