Erfahrungen mit dem EU-Grenzregime

Die Autorin des Blogs Undercover of Color hat kürzlich die Abschiebung eines Familienmitglieds von einem EU-Flughafen erleben müssen. Über den konkreten Vorfall und den rassistischen Charakter der Grenzregime-Praxis schrieb sie nun einen Gastbeitrag im Blog Diaspora Reflektionen (auf Französisch erschienen bei Parti des Indigènes de la République):

[…] Ihm wird geantwortet: „ Nein, nein, das ist kein Mißverständnis. Das ist Betrug. Und ihr Algerier habt bekanntlich ein Problem der Aufrichtigkeit. Auf keinen Fall machen Sie eine neue Reservierung. Sie fliegen umgehend zurück nach Algerien und können dort eine neue machen. Hier nicht. Sie fliegen heute noch zurück. Mit einer gültigen Reservierung können Sie ja wieder kommen.“ Nacer versucht den Beamten zu überzeugen, dass er alle Einreisebedingungen erfüllt, aber es ist nichts zu machen.

Ein Familienmitglied mit französischer Staatsbürger_innenschaft schafft es zu ihm zu gelangen, und versucht der Polizei glaubhaft zu machen, dass eine neue Reservierung sofort gemacht, eine Verpflichtungserklärung ausgestellt und auch Bargeld hinterlegt werden könne. Die Polizei ignoriert dies und bittet die Person sich keine Sorgen zu machen und zwei Stunden später wieder zu kommen, dann sei sicher alles geklärt. Gesagt getan. Nur in dieser Zeit befindet sich Nacer allein und eingeschüchtert im Grenzbereich. Die PAF setzt ihn unter Druck, er müsse ein Papier unterzeichnen, dass seinen Rückflug legitimiert. Mehr Rechte habe er nicht. Nacer reist zum ersten Mal. Hat keine Ahnung was die Beamt_innen dürfen und was nicht. Will keinen Ärger, keine Handschellen. Unterschreibt. […]

Zum gesamten Artikel: „Wenn Sie Marokkaner wären…

Bald Brandzeichen für Roma?

Was in Europa möglich ist und vielleicht von Manchem für unmöglich gehalten wurde


Die französische Polizei „markiert“ Roma, so eine Nachricht, die gestern die Runde machte. Damit wäre Frankreich nach Italien das nächste Land, in dem die Verwaltung von Menschen an die der Nazis erinnert. Rund 100 Roma sollen Stempel auf die Arme bekommen haben – und das wurde von der zuständigen Behörde auch noch damit gerechtfertigt, dass nur so eine doppelte Kontrolle derselben Person verhindert werden könne. Das ist kein plausibler Grund, sondern dieser Begründungsversuch zeigt nur das faschistoide Potential, das sich bis heute in europäischen Verwaltungsapparaten gehalten zu haben scheint. Denn mit dieser Argumentation werden die gestempelten Menschen zu einer Herde degradiert, wie Vieh, das man der Übersicht halber markiert. Vielleicht gibt es dann das nächste Mal gleich Brandzeichen oder Strichcodes.

Was den Behörden das Recht gibt, diese Menschen überhaupt zu kontrollieren? Sie haben keine Aufenthaltsgenehmigungen. In diesem Sinne sind die gestempelten Roma nicht mehr als die konsequente Umsetzung der EU-Logik: Es wird nach klaren Regeln ausgewählt wer rein darf und wer draußen bleiben muss. Was nach einer französischen Provinzposse aussieht, sollte als Warnung vor einem Europa der Selektion verstanden werden. Und wer das für eine Übertreibung hält, kann sich ja seine Falschpark-Knöllchen oder GEZ-Mahnungen mal ins Gesicht drucken lassen, nur so für das Gefühl, für einen behördlichen Verwaltungsakt markiert worden zu sein – ist nämlich ein anderes, als bei einem Disko-Stempel.


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