Aus Thaçi und Tadić mach Thaci und Tadic

Vom Phänomen falsch geschriebener Eigennamen in deutschen Medien


Hin und wieder erreichen uns hierzulande Nachrichten über das Kosovo. Als thematischer Aufhänger dient dann eher nicht die Zwangsabschiebungspraxis von Deutschland aus, sondern fast immer „der Konflikt“ zwischen „den Serben“ und „den Albanern“ einschließlich Ausführungen zu ausländischen Armeen und einem „deutschen Oberbefehlshaber“. In diesen deutschen online-Presserzeugnissen fällt auf: Albanische und serbische Eigennamen werden regelmäßig falsch geschrieben.

Der derzeitige serbische Präsident heißt Boris Tadić und der kosovarische Premierminister heißt Hashim Thaçi. Trotzdem werden die beiden Namen in deutschen online-Medien Thaci und Tadic geschrieben, und zwar in Artikeln der FAZ (hier oder dort), der Frankfurter Rundschau (da), der taz (hier und dort), bei SpOn (hier, hier und hier) oder bei tagesschau.de (hier, dort und da). Die Kolleginnen der Süddeutschen sind inkonsequent, sie schreiben hier und dort Thaci, dafür hier zwar Thaçi aber Tadic. Nur bei der ZEIT fand ich einen Artikel, in dem die Namen Thaçi und Tadić gleichzeitig korrekt geschrieben sind, in einem anderen aber steht dann neben Tadić wieder Thaci.

Mehrheitlich werden die diakritischen Zeichen für ć oder ç also von den großen online-Medien ganz weggelassen und wenn überhaupt, dann uneinheitlich und sporadisch verwendet. Mir ist das unbegreiflich, denn ich kann (z.B. für diesen Blogeintrag) nach einfacher Konfiguration meiner Tastatur per Tastendruck die Zeichen einfach aktivieren — und wenn mir das zu anstrengend ist, kann ich die Namen einfach samt diakritischer Zeichen aus den Wikipedia-Artikeln (1, 2) per copy-and-paste einfügen.

Oder sind es technische Probleme, die zur falschen Darstellung der Zeichen in den online-Medien führen? Dieses Beispiel aus der FAZ lässt auf technische Probleme schließen, darin ist die Rede vom kosovarischen Premier „Thai“ und vom serbischen Ministerpräsidenten „Tadi“. Die Buchstaben mit diakritischen Zeichen sind dort also ganz weggefallen — das ist aber vermutlich kein Darstellungsproblem von faz.net sondern eher ein Übertragungsfehler zwischen dem Schreibprogramm der Autorin und dem Rechner der FAZ.

Haben Qualitätsmedien im 21. Jahrhundert online Probleme mit diakritischen Zeichen nichtdeutscher Sprachen? Nein, haben sie nicht, den Namen der norwegischen Insel Utøya können durchweg alle korrekt schreiben – selbst wenn ich als Suchbegriff „Utoya“ ohne Schrägstrich im o verwende, finde ich als Ergebnis fast ausschließlich Artikel mit „Utøya“ bei FAZ, FR, taz, SpOn, tagesschau.de, Süddeutsche und ZEIT.

Es liegt also definitiv nicht an technischen Darstellungsproblemen der online-Medien, sondern offenbar eher am Willen oder unterschiedlichen Prioritäten, aus welchen Regionen diakritische Zeichen korrekt verwendet werden. Für Eigennamen bestimmter Regionen könnte sogar von einer medialen Tradition der Falschschreibung in deutschen online-Medien die Rede sein, denn Suchbegriffe wie Mladić oder Milošević führen zu online-Presse-Artikeln, in denen die Namen ebenso fast ausschließlich unkorrekt als Mladic und Milosevic geschrieben stehen.