70er Jahre-Manele

„Maneaua ca-n mahala“

Was sind eigentlich „Manele“? Keine einfachen Erklärungen akzeptieren, sondern diesem schönen, in den 70er Jahren von Gabi Luncă gesungenen Liedchen lauschen …

http://www.youtube.com/watch?v=1gcFtzOl3uE

(Das Lied fand ich als Link in diesem rumänischen Artikel über Manele: Cum au îngropat elitele României manelele. O poveste cu cocalari.)

Am Rande von Miercurea Ciuc

Zwangsumsiedlung in die Ungewissheit


Mit dem kurzen Portraitfilm über einen Jungen namens Gyuri will Amnesty International auf das Schicksal einer Gruppe von Menschen aus Miercurea Ciuc aufmerksam machen. Diese leben nach Zwangsumsiedlungen seit 2004 in direkter Nachbarschaft zu einer als „Gefahrenzone“ markierten Kläranlage unter menschenunwürdigen Bedingungen. Obwohl ihnen zugesichert wurde, dass sie nur „vorrübergehend“ dort bleiben müssen, hat sich nach sechs Jahren nichts an ihrer Situation verändert. Die rumänische NGO Romani CRISS hat sich der Situation dieser Menschen angenommen und hilft beispielsweise mit Betreuungsprogrammen oder gibt juristischen sowie gesundheitlichen Beistand.

http://www.youtube.com/watch?v=9kpyKdeDlso

Das Video fand ich übrigens über diesen tweet.

Ab heute heißt Du ***ner!

In europäischen Regierungen lässt sich ein zweifelhafter Umgang mit Diskriminierung beobachten: Diskriminierte Menschen werden zum Problem erklärt. Und für jedes Problem gibt es eine Lösung.

Nachdem in Deutschland Asylbewerbereinrichtungen mit mehrfach tödlichem Ausgang brannten (Hoyerswerda September 1991, Rostock-Lichtenhagen August 1992, Mölln November 1992) und über diese Anschläge hinaus die Todesopfer rechtsextremer Gewalt in Deutschland zunahmen, beschnitt der Bundestag das Asylrecht, um endgültig den „Zuzug von Ausländern“ zu begrenzen, mit dem „Asylkompromiss“ (Beschluss im Dezember 1992, Inkrafttreten im Mai 1993, worauf der Mordanschlag von Solingen folgte) . Der Ansturm unaufhaltbarer „Asylanten“-Massen hat sich als Angstbild in die deutschen Köpfe eingebrannt, so dass bis heute wohl eine Mehrheit von der Richtigkeit dieser Asylrechtsbeschneidung überzeugt ist.


Drei SPIEGEL-Cover von 1991/92 – exemplarisch für die Wahrnehmung von „Asylanten“ in der deutschen Öffentlichkeit? | Quelle spiegel.de

Sozial schwache EU-Bürger, die ihr Recht auf Bewegungsfreiheit nutzen, können gegenwärtig in dieser Bewegungsfreiheit nicht per Gesetz eingeschränkt werden. Aber mit Geld bestochen. Wenn nun etwa Arbeitsmigranten in der europäischen Öffentlichkeit sichtbar werden und Ressentiments und Ablehnung in dieser Öffentlichkeit hervorrufen, kann es passieren, dass eine Regierung den Arbeitsmigranten Geld bietet, damit diese das Land verlassen (Frankreich und Berlin sind nur bekannte Beispiele).

Nun gibt es interessante Neuigkeiten aus Rumänien, einem Herkunftsland vieler europäischer Arbeitsmigranten: Einige rumänische Politiker wähnen nämlich aufgrund europaweit existierender Vorurteile gegenüber Roma den Ruf ihres Landes „România“ in Gefahr – aber sie fordern nicht die Bekämpfung von Vorurteilen, sondern die gesetzliche Umbenennung der Roma in „***ner“.

Was die beschriebenen Punkte gemeinsam haben: Ursache und Wirkung werden vertauscht. Anstelle der unmenschlichen Vorurteile (bzw. der Gesellschaft, in der diese existieren) werden diskriminierte Menschen selbst zum Problem erklärt („Problemgruppen“). Dieses Denkmuster liegt beispielsweise auch dem Spruch zugrunde: „Ausländer“ sind Schuld an der Fremdenfeindlichkeit.

Der SPIEGEL wusste 1991/92 (s.o.) also vom „Ansturm der Armen“ und fragte: „Wer nimmt die Flüchtlinge?“. Das war vor dem „Asylkompromiss“. Und was zeigen die Bilder dieser drei SPIEGEL-Cover? Gewiss keine Individuen aus unserer Gemeinschaft, die von ihrem guten Recht Gebrauch machen (das sie bis Dezember 1992 sehr wohl hatten), sondern wir sehen als abschreckende Massen schematisierte Figuren, auf zwei Covern noch mit dem Begriff „Ansturm“ beschriftet.

Als Problem werden diejenigen definiert, die eigentlich vom Problem betroffen sind und sie werden vor allen Dingen nicht in die Diskussion mit einbezogen. Es wird über sie berichtet und über sie entschieden, so, wie über einen Fremdkörper. Denn die entsprechenden Menschen werden gar nicht als Teil der Gemeinschaft oder Gesellschaft wahrgenommen.

Von den SPIEGEL-Covern bis zur rumänischen „***ner“-Umbenennungsinitiative lässt sich eine Linie ziehen, die symptomatisch ist für eine Haltung staatlicher Institutionen gegenüber dem, was als fremd gesehen wird: Über einen Fremdkörper kann man bestimmen – ohne dessen Einverständnis. Man kann „Fremde“ [ausweisen/ aufnehmen/ aussperren/ umbenennen/ verfrachten/ integrieren / _______ / _______ / _______ / … ] .

Mit Menschen beredet Mensch Dinge. Mit Fremden macht Mensch Dinge.

update:
Im Februar 2011 wurde der „***ner“-Umbenennungs-Vorschlag im rumänischen Parlament in letzter Instanz vorläufig abgelehnt.

Siebenbürgen und die Securitate

Einblicke hinter die Fronten – Eine Tagung in Jena


Eine Tagung in Jena am letzten Wochenende (24.-26.9.2010, organisiert vom Historischen Institut der Stadt und vom Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde) ging mit der „Securitate in Siebenbürgen“ thematisch einem aktuell heißen Eisen nach (hier das Programm als →pdf). Auf einer ähnlichen Tagung in München im Dezember 2009 hatte der in Siebenbürgen geborene Schriftsteller Werner Söllner ein „Spitzelgeständnis“ abgelegt und damit die Diskussion darüber befeuert, welche Rolle Siebenbürger und Banater Deutsche in der rumänischen Securitate spielten. Wer bis zu diesem Zeitpunkt noch die Welt etwa in „gute deutsche Oppositionelle“ versus „böse rumänische Securisten“ eingeteilt hatte, musste spätestens da erkennen, dass die Zusammenhänge komplexer waren.

Die Komplexität der Zusammenhänge deutete sich schon Anfang der 2000er Jahre in den Diskussionen über Eginald Schlattner an. Wie auch immer man zu dessen Literatur und seinem Umgang mit der Vergangenheit stehen mag – die Tatsache, dass er für die offene Thematisierung seiner Fehler von vielen Siebenbürger und Banater Deutschen ausgegrenzt wurde, verriet wenig über die Person Schlattner. Vielmehr zeigten die Gesprächsverweigerungen, wie schwer der differenzierte Blick auf ein Thema ist, das bis heute für starke Emotionen sorgt und daher auch viele Tabus kennt.

Interessant sind nun die Reaktionen auf die erst wenige Tage alten Erkenntnisse über Oskar Pastior. Der Germanist Stefan Sienerth kam nämlich zu dem Ergebnis, dass der 2006 verstorbene enge Vertraute Herta Müllers für die Securitate zumindest eine IM-Bereitschaftserklärung unterschrieben habe. Herta Müller, die Pastior sehr nahe stand, versucht im Interview mit der FAZ zu einer differenzierten Bewertung der Securitate-Einlassungen Pastiors zu kommen. Sie sieht Oskar Pastior zunächst einmal als Mensch und nicht als feindlichen Kollaborateur. Sicherlich spielt ihre emotionale Beziehung zu Pastior hier eine große Rolle. Aber „feindliche Kollaborateure“ als Menschen zu verstehen, ist der entscheidende Schritt zum Verständnis des gesamten Themas.

In diesem Sinne formulierte etwa Ingmar Brantsch in der Diskussion in Jena die Hoffnung auf etwas mehr Menschlichkeit im Umgang mit denen, die heute moralisch angeklagt werden. Regelrechtes Einknüppeln auf die Menschen, wie es Horst Fassel nach Bekanntwerden seiner IM-Tätigkeit erlebt habe, würde in der Sache niemanden voranbringen. In Herta Müllers Äußerungen zu Pastior erkennt Brantsch die Chance einer Wende hin zu mehr Differenzierung im Umgang mit der Vergangenheit.

Reaktionen wie die von Richard Wagner, der „Kein Verständnis für Pastior“ hat, wurden auch auf der Tagung in Jena geäußert. Insbesondere meldeten sich hier Angehörige jener Generation zu Wort, die in den 50er Jahren harte Repressionen in Rumänien in Form von Überwachung, physischer Gewalt, jahrelangen Haftstrafen und Folter erlebt hatten. Für sie sind die Verletzungen und Enttäuschungen nur schwer überwindbar, weshalb auch das Verständnis für die Zusammenhänge um Pastiors IM-Tätigkeit fehle. In diesen Zusammenhängen aber liegt der Schlüssel zur Beschäftigung mit dem ganzen Repressionsapparat, das wurde auf der Tagung erkennbar.

Kritische Blicke hinter die Kulissen sind demnach notwendig. Sehr kritisch präsentierte Martin Jung in seinem Beitrag ein bezeichnendes Beispiel: Der rumänische Präsident Traian Băsescu berief 2006 eine Kommission zur „Untersuchung der kommunistischen Diktatur“, deren Ergebnis die offizielle Verurteilung des Kommunismus war. So unterstrich die Kommission eine Teilung der rumänischen Gesellschaft in böse Kommunisten (reduziert auf ein paar Namen) und gute Bürger (der Gegenwart) – relevante Ergebnisse zu Rollen und Funktionen vieler bis heute aktiver Politiker und Wirtschaftsfunktionäre erbrachte die Kommission nicht. Einen wesentlichen Beitrag zur tatsächlichen Aufklärung von Zusammenhängen über die autoritären Strukturen Rumäniens vor 1989 blieb die Kommission damit schuldig. Man beließ es bei verbalen Verurteilungen.

Die Historikerin Katharina Lenski sieht das Problem ähnlich gelagert, allerdings griff sie auf ihre Erfahrung im Umgang mit der Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit zurück. Sie bemängelt die Instrumentalisierung von Stasi-Akten zur bloßen Anklage ehemaliger IMs und befürchtet, dass die reflektierte Auseinandersetzung mit den Hintergründen des Überwachungsapparats damit aus dem Blick gerät. Die Vorführung von Opfern als Instrumente der Anklage sieht sie als sehr problematisch. In der Vereinfachung der Stasi zu einem vermeintlich klar definierten Feind werden wesentliche Erkenntnisse vernebelt, die DDR-Repressionen stünden dann nur noch als Handlungsakte von „bösen Anderen“. Damit würden Konsequenzen für gegenwärtiges und zukünftiges Handeln unmöglich. Denn die Strukturen, die dem autoritären System zugrundelagen, bleiben unsichtbar, so lange Stasi, Securitate etc. in der Feindbild-Logik weiterleben.

Lenski ist überzeugt, dass richtig/ falsch, gut/ böse oder Freund/ Feind nicht die angemessenen Parameter sind, um sich mit den Zusammenhängen vergangener Repression auseinanderzusetzen. Die schwarz-weiße Einteilung der Gesellschaft entspräche genau der Kampflogik von Stasi und Securitate, deswegen muss diese hinterfragt und aufgegeben werden. Die Zusammenhänge hinter den Fronten sind von Bedeutung.


Siehe auch:
Hubert Spiegel war auch auf der Tagung in Jena und schrieb darüber am 29.9.2010 in der FAZ: Die Angst war der wichtigste Rohstoff

Brücken-Pop

Un duo muzical Româno-Bulgăresc


Viele Länder Südosteuropas sind für die Betonung ihrer nationalen Identität bekannt. Wirtschaftliche Konkurrenz und der Wunsch nach politischer Einflussnahme (nicht zuletzt auch durch die Anreize der EU) lassen viele Länder im Südosten ihre heterogene und gemeinsame kulturelle Vergangenheit ausblenden. Wie dem auch sei, im Bereich der Pop-Musik könnte sich ein gegenläufiger Trend abzeichnen: Der rumänische Musiker und Produzent Costi Ioniţă arbeitet zusammen mit dem bulgarischen Shooting-Star und Model Andrea Teodorova zusammen – und wie es scheint sogar sehr erfolgreich.

Wer kennt einen erfolgreichen Charts-Hit, in dem deutsche und polnische oder deutsche und dänische Textzeilen gemeinsam auftauchen? Für den Austausch von Rumänisch und Bulgarisch gibt es mit dem oben genannten Duo, das unter dem Namen „Sahara“ auftritt, mindestens ein erfolgreiches Beispiel.

Achso, und wer die Bilder des folgenden Videos als anstößig empfindet, kann diese ins Verhältnis zu dem sonst als „rückständig“ gezeichneten „Balkan“-Klischee setzen. Klar, diese Bilder gibt es im deutschen MTV auch – aber auf den deutsch-türkischen oder deutsch-tschechischen Musiktext dazu warte ich noch …

[01/2012: Hab das Video entfernt, weil es mir aus jetziger Sicht zu sexistisch ist.]