Wir sehen, ihr seht, sie sehen.
Die Hälfte der Festivalzeit ist schon vorbei. Das ging schnell, was daran liegt, dass die Mehrzahl der gesehenen Filme mir bisher sehr gefallen hat. Kommentare und Kurzkritiken darüber werden noch folgen.
Das Programm ist sehr voll, aber man schafft es problemlos, alle Wettbewerbsbeiträge über die sechs Tage verteilt mindestens einmal zu sehen. Erst wenn man die zusätzlich laufenden Filme (Kategorien Jubiläum, Hommage etc.) sehen möchte, bekommt man Zeitplanprobleme. Neben dem Hauptspielort Caligari beteiligen sich drei weitere Wiesbadener Kinos am goEast. Eines in Frankfurt am Main ist auch noch dabei. In Cottbus sah ich bis zu fünf Filme am Tag, hier beschränke ich mich auf drei, vielleicht mal vier.
Bisher habe ich keine einzige Überschneidung mit einem Filmbeitrag aus Cottbus entdeckt. Das heißt, man bekommt hier ein wirklich komplett anderes Programm serviert. Beim so grob gefassten Raum „Mittel- und Osteuropa“ ist das aber auch zu erwarten.
Das Kino Caligari, in dem alle Wettbewerbsbeiträge einmal laufen, liegt mitten in der Innenstadt und ist zu Fuß von meiner Gast-WG in Wiesbaden Westend aus in zehn Minuten zu erreichen. W-Lan kann ich im Caligari seit dem zweiten Tag auch empfangen, da stehen Sofas im Foyer, womit also auch längere Verweildauer ermöglicht wird. Nein, nicht ganz, denn das Getränkeprogramm der Bar dort ist auf Abendbetrieb ausgerichtet, Kaffee fehlt. Nur Kaffee gibt es leider erst ab dem Nachmittag.
Der Kinosaal im Caligari ist wunderbar. Er sieht nicht nur gut aus, sondern ist auch noch sehr bedarfsorientiert eingerichtet. Die Beinfreiheit ist enorm, man kann sich komplett lang machen, die Sessel sind bequem (keine Klappsessel) und außerdem hat man in jeder Reihe eine durchgängige, regalartige Ablage vor sich.
Die Filme gehen im Vergleich zu Cottbus alle erstaunlich pünktlich los. Aber gestern bekam ich das engmaschig strukturierte Programm zu spüren, das mir einen Kinowechsel kaum ermöglichte. Kak ya provel etim letom begann um 20:00 im Caligari, anschließend wollte ich um 22:15 ins Alpha zu Kenjac. Nach den 124 Minuten des russischen Films im Caligari wurden genau 11 Minuten für den Kinowechsel eingeräumt, was natürlich zu wenig war. In Cottbus gab es meiner Erinnerung nach immer mindestens eine halbe Stunde Zeitversetzung zwischen Filmende und -anfang in den unterschiedlichen Kinos.
Und da kommt nahtlos der zweite Kritikpunkt: Shuttle-Service. Vielleicht ist das auch nur eine Verständnisfrage. In Cottbus standen permanent vor allen Kinos eine Handvoll PKW, die es Jury, Presse und anderen Dauergästen ermöglichte, schnell zwischen den Kinos zu wechseln. Das lief wirklich problemlos, sogar eine Gruppe von knapp 20 Hochschulstudenten wurde in der Nacht noch von einem Kino zum Party-Ort gebracht – die Shuttle Fahrer kommunizierten untereinander. Hier in Wiesbaden standen am Eröffnungstag einfach mehrere PKW zur Verfügung, um die Ehrengäste vom Caligari in den 100 Meter (!) Luftlinie entfernten hessischen Landtag zu bringen. Aber als ich gestern dann im Caligari (im Stress, schnell zum Kino Alpha zu gelangen) fragte, ob und wie man einen Shuttle-PKW vom Caligari zum Alpha bekommt, waren die goEast-Leute sprachlos. Vor dem Caligari stand dann ein leerer Shuttle-PKW, der war aber für ein Jury-Mitglied reserviert. Ob es einen weiteren Shuttle-PKW für meinen zeitlich knappen Kinowechsel gäbe, konnte vom Shuttle-Fahrer nur mit Schulterzucken beantwortet werden.
Die Party hat dann mein Unverständnis über diese Shuttle-Geschichte wieder ausgeglichen. Ori Kaplan war live zu Gast, daneben gab es zwei DJs und kostenlosen Wodka. Menschenmenge, Stimmung, Musik, alles war, wie es sein musste. Ich freue mich auf die zweite Hälfte von goEast. Weitersehen.
Vor dem Film ist nach dem Film.
↘
Siehe auch:
weitere Artikel zum Thema Film bei sibiuaner.