Nationalismus 2.0 – Deutschland Deutschland überall

„… und ein dickes Sorry für den Zweiten“


Der Nationalismus 2.0 geht um. Und zwar als Massenphänomen. Und genau deswegen ist auch eigentlich nichts neu am „neuen“ Patriotismus. Nur, dass man jetzt die Unverkrampftheit immer betont. Ansonsten bleibt es das Wesensmerkmal des Nationalismus, dass eine große „Masse“ unhinterfragt jeden Murks (Fähnchen, Fahnen, Autospiegelnationalisierung) mitmacht. Aus einem Gefühl der Zugehörigkeit.

Die Tatsache, dass nun auch Menschen mit sogenannten Migrationshintergründen die schwarz-rot-goldene Fahne schwenken, wird gern als Beleg für die neue deutsche Offenheit angeführt. Dabei ändert sich der abstrakte Charakter dieser Idee namens „Nation“ keineswegs. Wer konkret mitmachen darf im Deutschsein, entscheidet sich nicht beim Fahnenschwenken.

Die realen Nationalstaaten Europas sind alles andere als offen. Lasst euch von Freunden aus Nicht-EU-Ländern mal erzählen, welche teils demütigenden Schikanen man nehmen muss, bis man eine Erlaubnis zum längeren Verweilen in Deutschland erhält oder sogar (wenn überhaupt) deutscher Staatsbürger werden kann.

Seit 2006, als Nationalismus in Deutschland cool wurde, gibt es kaum mehr neue Einwanderung. Und für die Menschen, die aus Angst um Leib und Leben gerne hier bleiben würden, bleibt die deutsche „Nation“ verschlossen. Das alles ist Deutschland.

Die deutsche Fahne schwenken dürfen alle, auch die Touristen beim Public Viewing am Alex. Den entscheidenden Unterschied zwischen Schwarz-Rot-Geil und deutscher Staatsbürgerschaft bekommen die Menschen zu spüren, die einen Ausweisungsbescheid im Briefkasten haben oder die bereits im Abschiebeknast sitzen. Darum hat es bei mir keine entkrampfende Wirkung, wenn ich die Nationalschlüpfer an den Autospiegeln sehe.

Auch die Berliner Rapper von K.I.Z wollen sich nicht vom Nationalstrom mitspülen lassen. Es wurde gezwitschert, dass einer der drei, Nico, es am gestrigen Freitag bei MTV auf den Punkt brachte:

„Patriotismus ist scheiße, das ist genau dasselbe wie Nationalismus.“

Dem National-Hype widmeten K.I.Z einen WM-Song namens „Biergarten Eden“ – eine hörenswerte Persiflage auf den etablierten Deuschbekenntnis-Rap.


http://www.youtube.com/watch?v=lcQnuydA4n4
(gefunden via Antifa Syke)

Lesenswert zum Thema: kurzer Kommentar von Alke Wiert bei taz online: Bitte gelassen bleiben.