Die Macht Rassismus zu definieren

Die öffentliche Kritik an der Methode des Blackface, die aktuell im Schlossparktheater Berlin eingesetzt wird, erhält breite mediale Aufmerksamkeit. Allerdings geht es immer mehr um die Frage, wer etwas rassistisch findet oder nicht und warum. Ob etwas überhaupt rassistisch sein kann, wenn es nicht so gemeint ist, wird gefragt. Oder ob heute noch rassistisch ist, was „früher“ rassistisch war. Problematisch ist nicht nur die verklärte Vorstellung von Rassismus, die sich in diesen scheinbar unschuldigen Fragen zeigt, sondern insbesondere, dass kaum Stimmen der von Rassismus Betroffenen selbst zu hören sind. Mehrheitlich diskutieren weiße Deutsche. Das heißt weiße Deutsche tauschen sich darüber aus, ob sie sich selbst rassistisch finden oder nicht. Das ist keine Diskussion, sondern das ist das Problem.

Es geht nicht darum, was irgendwelche weißen Deutschen fühlen, wenn sie sich selbst anmalen und damit Schwarze „spielen“, sondern es geht darum, ob die, die sowas machen, sich ernsthaft mit dem Thema Rassismus auseinandersetzen wollen oder nicht. Eine mögliche Haltung ist: Nein. Rassismus interessiert mich nicht (als gegenwärtiges Phänomen) und auch nicht das Verhältnis zwischen meinem Handeln und Rassismus. Eine andere mögliche Haltung ist: Ich höre insbesondere Betroffenen von Rassismus mal zu und erkenne die Realität an, dass Rassismus eine wesentliche Rolle in meiner Umwelt spielt. Ob ich mich selbst als rassistisch definiere hat dafür überhaupt keine Bedeutung. Dann erkenne ich an, dass ich mit (bewussten oder unbewussten) Unsensibilitäten selbst als Teil einer rassistischen Struktur funktioniere, und dass es dafür nämlich gar nicht notwendig ist, mich selbst rassistisch zu finden. Und erst recht als Betreiber von Blackface auf deutschen Bühnen nehme ich mal zur Kenntnis, dass die Menschen, die ich glaube „spielen“ zu können, eine eigene Perspektive haben.

Die erste Haltung scheint die aktuelle Debatte zu dominieren. Es gäbe ja kein Problem mit Rassismus, das sei ja alles nicht so gemeint. Die Verteidiger_innen von Blackface zeigen sich unbeeindruckt von Menschen mit konkreten Rassismuserfahrungen und von den Stimmen derer, die mit dem Blackfacing „gespielt“ werden sollen. Genau das ist ein Wesensmerkmal von Rassismus: weiße allein wollen festlegen, was Rassismus ist.
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