Portal gegen Rechts attestiert SPIEGEL-TV-Beiträgen „Antiziganismus“¹

Die fragwürdigen zwei SPIEGEL-TV-Berichte über Einwander_innen aus Rumänien (sibiuaner berichtete: 1, 2 und 3) hat Linda Polónyi gestern unter dem Titel „Spiegel antiziganistischer Vorurteile“ für das vom STERN und der Amadeu Antonio Stiftung betriebene Portal „MUT GEGEN RECHTE GEWALT“ aufgegriffen. Sie kommt zu dem Schluss:

Während die Berichterstattung deutscher Zeitungen und Magazine zu dieser Thematik in den letzten Monaten wesentlich differenzierter ausfiel, als dies noch bis vor Kurzem der Fall war, fällt der Spiegel mit diesen beiden Reportagen weit hinter die Ansprüche an eine professionell demokratischen Berichterstattung zurück. Die Art von Meinungsmache, wie sie in diesen Berichten betrieben wird, ist nicht nur bedenklich, sondern auch potentiell gefährlich. Sie füttert ein seit Jahrhunderten tradiertes Bild von den Sinti und Roma an, das weit in die Mitte der Gesellschaft hineinreicht und die Grundlage der Anerkennung von Ausgrenzung, Ausweisung und mangelnder Bekämpfung von Angriffen auf Roma in ganz Europa bildet. Vom Spiegel hat man mehr erwartet. Bisher war Spiegel-TV nicht bereit, ein Statement zu den Berichten abzugeben. (Zitiert aus: „Spiegel antiziganistischer Vorurteile“.)

Seit dem 06.09.2011 warte auch ich auf eine Antwort von SPIEGEL TV (u.a. zu diesen Kritikpunkten) und wurde auf weiteres Nachfragen gebeten, die Anfrage erneut zu senden. Am 09.11.2011 schließlich erhielt ich eine Antwort aus der Abteilung „Zuschaueranfragen“. Darin hieß es, meine Anfrage samt Bitte um Beantwortung sei an die zuständigen Redakteure weitergeleitet worden. Zudem wurde ich um Verständnis gebeten, „wenn es etwas dauert, da die Redakteure sehr selten im Hause sind.“ Seitdem nichts.

Das öffentliche Interesse an Rassismus in Deutschland ist nach den Ereignissen und Enthüllungen um den NSU zweifellos gestiegen, viele Medien zeigen sich stärker sensibilisiert dafür als vorher. Trotzdem wird Rassismus weniger in seinen alltäglichen Erscheinungsformen, sondern weiter vornehmlich im Zusammenhang mit Rechtsextremismus thematisiert (Einige Bemerkungen zur aktuellen Debatte um die Morde des NSU). Im Quoten-Wettbewerb zum Thema NSU wurde übrigens die SPIEGEL-Gruppe vom Deutschen Journalistenverband dafür kritisiert, dass sie für einen Exklusivzugriff auf das NSU-Bekennervideo Geld gezahlt haben soll (Nazi-DVD: Mediengeschäft mit Terror). SPIEGEL TV strahlte dann auch als erstes Medium in Deutschland Auszüge aus dem NSU-Bekennervideo aus. Auf Anfragen zum Thema Rassismus in der eigenen Berichterstattung von SPIEGEL TV heißt es aber weiter: abwarten.

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¹ Den Begriff habe ich nachträglich mit Anführungszeichen versehen, da ich ihn hier eindeutig als Zitat markieren möchte. Zur Kritik am Begriff vgl. z.B. Demirova, Filiz: „Wer spricht in der Antiziganismusforschung“.