Kaisers Kollegen

Klimawandel im Supermarkt


Bei meinem heutigen Einkauf in einer Berliner Filiale der Supermarktkette Kaiser’s überraschten mich am Kühlregal die Worte „(…) der an’na Kasse is’n großer Idiot (…)“. Sie wurden von einer Mitarbeiterin der Filiale laut an sich selbst und/ oder an die Welt gerichtet. Da ich mich ganz allein im akkustischen Empfangsfeld dieser Frau befand, erwiderte ich: „Aber nich‘ so unfreundlich, is‘ doch ein Kollege.“ Darauf verbesserte sie mich prompt: „Nee, is‘ kein Kollege, is‘ nur’n GFB“.

Die Frau schimpfte noch laut, dass der Mann an der Kasse beim vorangegangenen Einräumen der Kühlregale Fehler gemacht habe. Wie dem auch sei, für mich ließ sich nicht prüfen, ob die Qualifizierung als Idiot der Wahrheit entsprach. Der Mann saß an der einzig offenen Kasse der Filiale und kassierte mich freundlich ab, wie überall.

Die drei Buchstaben bestätigten nach kurzer Recherche meine Vermutung: GfB steht für Geringfügig Beschäftigte. Ob er ein Idiot ist oder nicht, er ist auf jeden Fall kein Kollege, sondern ein GfB. Warum ist der Kaisers-Mitarbeiterin diese Unterscheidung so wichtig? Mir fällt keine schnelle Antwort ein. Dafür habe ich eine Ahnung davon bekommen, welches Arbeitsklima in einem deutschen Supermarkt herrscht. Obwohl alle dort die gleiche rot-weiße Arbeitskleidung tragen, herrscht zwischen ihnen nur Geringfügige Kollegialität.

So wird man nicht nur vom Chef, sondern sogar von den eigenen Kollegen Mit-Mitarbeitern für ersetzbar gehalten. Das belebt den Arbeitsmarkt und erhöht die Chancen für 4 Millionen Wartende: GfB statt ALG – aber Kollege, neee.