Parteien, die mit Landkarten und Nationalideen aus Großvaters Generation werben, werden stärker.
Rechtswähler = Protestwähler? Ob die Stimmen nun aus gezieltem Protest oder politischer Verblendung rühren, stellenweise gab es bei den gestrigen Kommunalwahlen davon unangenehm viele. Die fehlende 5-Prozent-Hürde passt zur Begründung der Neonazi-Erfolge nur noch für größere Städte wie Gera, Eisenach, Weimar, Dresden, Leipzig und Chemnitz. Langsam sollten sich die „Volksparteien“ ernsthaft Gedanken machen, ob sie sich an die Anwesenheit nationalistischer Parlamentarier gewöhnen wollen, oder den Menschen zur Wiedererlangung von Perspektiven und Lebensgrundlagen verhelfen möchten. Denn auf kommunaler Ebene konnte die NPD trotz einiger Rückschläge ihre Ergebnisse von den letzten Wahlen stabilisieren oder ausbauen.
Dennoch, die Nationalisten bilden in Deutschland (noch?) keine ernstzunehmende politische Kraft, ihre Misserfolge werden auch den innerparteilichen Verfehlungen zugeschrieben – was bedeutet: Wählerpotential gäbe es, bisher scheiterte der Erfolg der deutschen Rechten an der schlechten Selbstorganisation sowie Korruptionsaffären.
Schaut man über Deutschland hinaus, auf die gestrige Europawahl, drohen Verdauungsprobleme: Die Liste erfolgreicher rechtsextremer Parteien ist lang. Die Nationalisten anderer Länder sind offenbar besser organisiert als die deutschen. Hier schlägt sich die aus den gegenwärtigen Unsicherheiten der Menschen entstandene Sehnsucht nach einem „Europa von Opa“ nieder: mit dem Ruf nach einer starken Nation, wie er zu Beginn des 20. Jahrhunderts in europäischen Ländern ertönte.
Bleibt zu hoffen, dass diese erschreckenden Anzeichen in Europa ernst genommen werden – und dass die deutschen Neonazis bis dahin nicht von ausländischen dazulernen.